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Schamgefühle? Die will Proktologe Dr. Florian Frank von der München Klinik Neuperlach den Menschen unbedingt nehmen. Im Interview spricht er über Po-Duschen, die Untersuchung in der proktologischen Praxis und das lange Zögern vieler Menschen, bevor sie mit Problemen im Analbereich ärztliche Hilfe suchen.

Herr Dr. Frank, wenn Sie von Ihrem Beruf erzählen, fragen die Leute dann: Warum sind Sie nicht was Schickes geworden, Chirurg etwa?

Florian Frank: (lacht) Sie meinen wohl, weil der Po-Bereich nicht gerade als sexy gilt. Sie müssen das anders sehen: Als Proktologe kann ich vielen Patientinnen und Patienten schnell helfen, oft ohne große Eingriffe. Die Menschen kommen mit starken Beschwerden, haben dazu oft große Schamgefühle. Meist braucht es dann gar nicht viel, eine Creme, eine Beratung – und sie sind wie erlöst. Das ist ein schönes Gefühl.

Zögern denn viele den Gang in die Arztpraxis zu lange hinaus?

Frank: Ja, leider allzu oft. Viele Menschen mit schmerzhaften Erkrankungen im Analbereich warten über Wochen und versuchen sich mit Tabletten und Salben irgendwie selbst zu helfen. Sie kommen dann wirklich erst im letzten Moment, wenn es nicht mehr anders geht. Dabei handelt es sich meist um ganz normale körperliche Gebrechen, die mit der Zeit eben irgendwann entstehen. Aber auch wenn die Probleme von Analverkehr kommen, ist das völlig okay. Man muss sich da wirklich nicht schämen.

Die Menschen denken immer: Ich bin bestimmt der Einzige, der das hat

Das sagen Sie so einfach.

Frank: Und das sage ich auch meinen Patientinnen und Patienten. Die Menschen denken immer: Ich bin bestimmt der Einzige, der das hat. Und dann stellt sich oft heraus: Das haben die vier anderen im Wartebereich wahrscheinlich auch. Nur spricht keiner darüber.

Probleme am Po sind eben selten Thema beim Small Talk.

Frank: Ich bin durch meinen Beruf natürlich vorbelastet. Da muss ich aufpassen, dass ich nicht zu viel darüber rede. Andererseits merke ich, dass die Leute fast nach Informationen lechzen. Und im dritten, vierten Satz kommt dann auch häufiger: Ich hatte da auch mal ein Problem.

Verständlich. Denn aufs Klo gehen muss schließlich jeder. War das Thema immer so schambesetzt?

Frank: Keineswegs. Im alten Rom saßen die Menschen auf öffentlichen Toiletten fröhlich nebeneinander. Im 17. Jahrhundert waren am französischen Hof Einläufe ein Lifestyle-Trend. Der König bekam das Klistier sogar vor dem versammelten Hofstaat in den Hintern gesteckt. Ich denke, die Tabuisierung hat auch etwas mit dem Verlust der Großfamilie zu tun, in der man selbstverständlich mal den Großeltern aufs Klo half.

Wenn dort etwas nicht klappt, wie es soll: Wann sollte man eine proktologische Praxis aufsuchen?

Frank: Wie in anderen Bereichen auch: sobald man Beschwerden wie veränderten Stuhlgang, Schmerzen oder Blutungen hat. Natürlich kann die Ursache harmlos sein, etwa vergrößerte Hämorriden. Aber oft stecken auch andere Erkrankungen dahinter, manchmal auch etwas Bösartiges. Dass man das früh erkennt, ist entscheidend.

Analfissur

Analfissur (Afterriss)

Analfissuren sind Risse im Anoderm (spezielle Haut im Analkanal). Schmerzen beim Stuhlgang, hellrotes Blut im Stuhl oder am Toilettenpapier gehören zu den typischen Symptomen zum Artikel

Was erwartet mich denn bei einer proktologischen Untersuchung?

Frank: Zunächst erst mal ein Gespräch. Wenn ich merke, dass sich jemand schwertut, helfe ich ihm schon mal mit Fragen auf die Sprünge wie: „Ist vielleicht was in der Unterhose oder juckt es?“ Dann folgt auch eine körperliche Untersuchung, ähnlich wie beim Frauenarzt. Man sitzt mit etwas gespreizten Beinen auf einem speziellen Stuhl. Das dauert in den meisten Fällen gerade mal zwei Minuten. Keine große Sache. Der Finger im Po gehört allerdings schon dazu.

Vor allem wenn jemand am Po sensibel ist und öfter mal wund wird, würde ich empfehlen, sich abzuduschen

Haben Sie noch ein paar Tipps, damit am stillen Örtchen alles gut läuft?

Frank: Wirklich nützlich, damit der Stuhlgang weder zu weich noch zu hart ist, sind Flohsamenschalen: Täglich einen großen Esslöffel davon mit einem Glas Wasser, das wirkt oft Wunder. Auch die Beine etwas zu erhöhen, etwa mithilfe eines Toilettenhockers, hilft vielen.

Und nach dem großen Geschäft?

Frank: Vor allem wenn jemand am Po sensibel ist und öfter mal wund wird, würde ich empfehlen, sich abzuduschen. Das ist deutlich schonender als Toilettenpapier. Hierfür gibt es spezielle Handbrausen oder auch Po-Duschen.


Quellen:

  • Amboss: Hämorrhoiden und Hämorrhoidalleiden. Online: https://www.amboss.com/... (Abgerufen am 20.12.2022)
  • Marti, L., Post, S., Herold, A. et al.: S3-Leitlinie: Analfissur. In: oloproctology 01.01.2022, 42: 90-196
  • Amboss: Analfissur. Online: https://www.amboss.com/... (Abgerufen am 20.12.2022)
  • Foxx-Orenstein AE, Umar SB, Crowell MD: Common anorectal disorders. In: Gastroenterol Hepatol 01.05.2014, 10: 294-301