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Was ist ein Arzt ohne sein Stethoskop? Eine Chirurgin ohne ihr Skalpell? Oder gar eine Apothekerin ohne Medikamente? Sie können nicht ohne einander. In der Gesundheitsberichterstattung werden die einzelnen Instrumente, Geräte und Arzneimittel dennoch oft zu wenig berücksichtigt. Anders in der Kolumne von Sonja Gibis. Hier kommen die Gegenstände selbst zu Wort und berichten humorvoll aus ihrer Geschichte und ihrem Alltag. In dieser Folge: der Fitnesstracker.

Schön, Sie zu treffen! Ich freue mich ja immer, wenn ich mal vom Schreibtisch wegkomme. Das bringt auch ein paar Extraschritte. 1256 waren es von der S-Bahn bis hierher.

Haben Sie beim Gehen mitgezählt?

Natürlich nicht. Ich habe so einen kleinen Schrittzähler in der Tasche.

Zeigen Sie mal her: So ein altes Ding habe ich lange nicht mehr gesehen. Also ein Technikfreak sind Sie offenbar nicht. Vielleicht sollten Sie aber doch mal wechseln. Meine Kollegen und ich können heute viel mehr als die frühen Schrittzähler. Die brachten es zunächst nämlich auf genau 10.000 Schritte.

Das heißt, sie wurden so konstruiert, dass sie exakt die von Fachleuten empfohlene Zahl messen konnten?

Also ehrlich gesagt war es genau umgekehrt.

Das verstehe ich nicht. Ich dachte, es gäbe zig Studien dazu, dass 10.000 Schritte optimal sind.

Danach können Sie gern suchen. Doch Sie werden ins Leere laufen. Die Empfehlung der 10.000 Schritte stammt von meinem Urahnen, dem „Manpokei“. Übersetzt aus dem Japanischen heißt das 10.000-Schritt-Zähler. Entwickelt wurde das kleine Ding anlässlich der Olympischen Sommerspiele, die 1964 in Tokio stattfanden. Und da es nach 10.000 Schritten wieder auf null sprang, tat man so, als wäre diese Zahl das ultimative Maß für gesunde Bewegung.

Ich bin also auf einen Werbegag reingefallen? Dann kann ich das Teil ja wieder in der Schublade lassen.

Nicht doch! Dass Bewegung gesund ist, bestreitet niemand. Wenn Sie täglich 10.000 Schritte gehen, ist das schon mal eine gute Grundlage. Ein bisschen Krafttraining für starke Muckis sollte aber schon dazukommen.

Und was ist mit all Ihren anderen Funktionen, von denen Sie derart schwärmen? Mehr Vertrauen habe ich jetzt nicht gerade gewonnen.

Jetzt entspannen Sie sich mal. Stress jagt nur den Puls hoch, was ich sofort bemerken würde. Meine ausgeklügelten Sensoren können heute eine Menge. Mag sein, dass ich die Schlafphasen nicht perfekt messe oder beim Energieverbrauch nicht jede Kalorie exakt zählen kann. Aber ob Ihr Puls nur vom Computerspielen in die Höhe schnellt oder durch gesunde Bewegung, das merke ich sehr wohl. Ich sehe mich in der Rolle eines Trainers, der Ihnen zuruft: „Weiter so! Etwas mehr geht noch!“ Das spornt an. Und führt bei vielen dazu, dass sie sich mehr bewegen.

Manche bewegen sich auch direkt in eine Notaufnahme. Ich habe mal von einer Frau gelesen, die ihr Fitnesstracker total verrückt machte. Sie wurde Stammgast in der Arztpraxis.

Ohne Fitnesstracker wäre sie bestimmt mit einer Apotheken Umschau in der Hand dort gelandet. Hypochonder gab es schon immer. Sie sollten lieber davon erzählen, wie oft ich jemandem das Leben gerettet habe. Es gibt einige Fälle, in denen Menschen nur aufgrund meiner Messwerte rechtzeitig ärztliche Hilfe gesucht haben. Meine Kollegen mit EKG-Funktion können sogar helfen, gefährliche Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern frühzeitig aufzuspüren.

Also für mich wäre das nichts. Mich macht es schon nervös, wenn ich mein Herz bei Stress schlagen höre.

Dann lassen Sie die Pulsfunktion eben links liegen und achten nur auf Schritte und Energieverbrauch. Wenn ich merke, dass die 10.000 Schritte geschafft sind, zünde ich jedes Mal ein kleines Feuerwerk! Das motiviert – nachweislich. Mit einem Fitnesstracker am Arm gingen Testpersonen nach sechs Wochen volle 970 Schritte mehr als zuvor. In anderen Tests waren es sogar bis zu 2000 Schritte. Und: Vielen macht es einfach Spaß!