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Herr Professor Küpper, in welchen Ländern ist die Gefahr für eine Lebensmittelvergiftung besonders hoch?

Thomas Küpper: In ärmeren, weniger entwickelten Ländern, wo die Hygienestandards nicht so gut sind wie bei uns. Oft ist es in diesen Ländern auch besonders heiß, weshalb sich einige Keime schneller vermehren, zum Beispiel in Afrika oder Südostasien. Grundsätzlich muss man aber sagen, dass es nur sehr selten zu echten Lebensmittelvergiftungen kommt. In den meisten Fällen handelt es sich um Infektionen, bei denen Keime in verdorbenem Essen Ärger machen und zu Durchfall oder Übelkeit führen.

Wenn man in einem ärmeren Land in einem gehobenen Hotel Urlaub macht, ist die Gefahr aber gering, oder?

Reisemediziner Prof. Dr. Thomas Küpper von der RWTH Aachen

Reisemediziner Prof. Dr. Thomas Küpper von der RWTH Aachen

Küpper: Natürlich sind Backpacker, die auf örtlichen Märkten einkaufen und vielleicht auch mal Streetfood essen, mehr gefährdet. Aber es kommt immer auf die Hygiene in der Küche an. Was man wissen sollte: in vielen Ländern ist die Gesundheitversorgung nicht so gut, die Menschen haben oft keine Krankenversicherung. Wenn sie krank sind, gehen sie deshalb manchmal trotzdem arbeiten. Kritisch ist das natürlich bei Küchenpersonal. So kam es auch schon zu Hepatitis-A-Ausbrüchen unter Touristen in besseren Hotels.

Das klingt dramatisch. Wem würden Sie eine Hepatitis-A-Impfung empfehlen?

Küpper: Hepatitis A überträgt sich durch verunreinigtes Wasser, kontaminierte Lebensmittel und von Mensch zu Mensch. Wer in eine Region fährt, in der Hepatitis A weit verbreitet ist, sollte sich unbedingt impfen lassen. Dazu zählen nahezu der gesamte afrikanische Kontinent, Südostasien und viele Länder in Mittel- und Südamerika. Aber auch aus dem Mittelmeerraum sind Fälle bekannt. Am besten vor Abreise beim Hausarzt oder einer Reisemedizinerin nachfragen. Ich persönlich rate: Im Zweifelsfall lieber impfen lassen! Die meisten Krankenkassen erstatten die Impfung auch.

Es muss nicht gleich Hepatitis A sein, auch Magen-Darm-Zwischenfälle auf Reisen wünscht sich niemand. Wie schützt man sich am besten?

Küpper: Wer besorgt ist, sollte den Spruch beherzigen: cook it, boil it, peel it or forget it! Koche es, schäle es oder lass es! Auch Frittiertes ist unbedenklich. Von offenen Getränken, oder von Säften, die schon länger stehen, würde ich abraten. Rohes, ungeschältes Obst oder Salat, an dem sich Keime tummeln könnten, ebenfalls im Zweifel lieber stehen lassen, wenn man sich unsicher ist. Und Vorsicht vor Eiswürfeln: Sie sind oft aus Leitungswasser, das verunreinigt sein kann.

Bier ist fast überall ein sehr sicheres Lebensmittel. Im Zweifel also lieber mit Bier Zähne putzen als mit Leitungswasser!

Was sollte man zu Leitungswasser im Ausland grundsätzlich wissen?

Küpper: In vielen Ländern kommt kein Trinkwasser aus der Leitung. Es kann mit Bakterien, Keimen, Viren oder Parasiten verunreinigt sein. Das Trinken ist also gesundheitsgefährdend. Selbst Obst sollte man lieber mit kommerziell abgefülltem Wasser aus dem Supermarkt waschen. Achtung: beim Kauf darauf achten, dass der Verschluss unbeschädigt und fest geschlossen ist. Manchmal, besonders in kleineren Läden in ärmeren Gegenden, werden die Flaschen geöffnet und mit verunreinigtem Wasser gestreckt. Auch beim Zähneputzen ist es in manchen Regionen sicherer, auf Flaschenwasser zurückzugreifen. Übrigens: Bier ist fast überall ein sehr sicheres Lebensmittel. Im Zweifel also lieber mit Bier Zähne putzen als mit Leitungswasser! Und beim Duschen Mund zu! Viele Menschen schlucken unter der Dusche nicht unerhebliche Mengen an Wasser.

Was tun, wenn es einen trotzdem mit Durchfall erwischt?

Küpper: Reisedurchfall tritt am häufigsten in den ersten Urlaubstagen auf. Unser Darm muss sich erst an ungewohnte Keime gewöhnen. Und wenn man Pech hat, fängt man sich doch krank machende Keime ein. Meist dauert er zwei bis fünf Tage. Wenn keine weiteren Symptome dazukommen, rate ich, es im wahrsten Sinne des Wortes auszusitzen. Bitte zum Arzt oder einer Ärztin gehen, wenn Fieber dazukommt, Blut oder Schleim im Stuhl ist, wenn Sie schwanger sind, eine chronische Erkrankung haben, oder auf bestimmte Medikamente angewiesen sind. Auch ältere Menschen und Kinder sollten bei starkem Durchfall oder Erbrechen spätestens nach 48 Stunden lieber zu einem Arzt oder Ärztin.

Grundsätzlich rate ich, Medikamente aus Deutschland mitzunehmen. So schützt man sich vor Medikamentenfälschungen

Und was sollte in der Reiseapotheke nicht fehlen?

Küpper: Grundsätzlich rate ich, Medikamente aus Deutschland mitzunehmen. So schützt man sich vor Medikamentenfälschungen. Außerdem sind in anderen Ländern oft andere Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen üblich, deren Wirkung manchmal fraglich ist. Viele packen sich Präparate mit dem Wirkstoff Loperamid oder Aktivkohle ein. Diese stopfenden Medikamente eher zurückhaltend einsetzen. Sie machen den Darm träge, Erreger können so vom Körper schlechter ausgeschieden werden. Kohletabletten sind nur bei einer echten Lebensmittelvergiftung das Mittel der ersten Wahl.