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Ein Gläschen Bier oder Wein – in Deutschland dürfen Jugendliche ab 14 Jahren zugreifen, allerdings nur im Beisein der Eltern. Das will der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, nicht länger hinnehmen. Er fordert eine generelle Altersbeschränkung ab 18 Jahren für Alkohol.

Immer weniger Jugendliche trinken Alkohol

Katja Töpfer, Autorin

Katja Töpfer, Autorin

Aus medizinischer Sicht hat die Forderung nach einer strengeren Altersgrenze absolute Berechtigung. Dass Alkohol schädlich für die Gehirnentwicklung von Jugendlichen sein kann, ist durch Studien klar belegt. Ich finde, der Vorstoß des Drogenbeauftragten zielt dennoch in eine falsche Richtung. Denn der Alkoholkonsum bei Jugendlichen geht seit Jahren sehr stark zurück. Das zeigt ein Blick in die Statistik der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Während 2007 noch 22 Prozent der Teenager zwischen zwölf und siebzehn Jahren mindestens einmal pro Woche Alkohol tranken, waren es 2021 nur noch rund neun Prozent.

Als Mutter eines siebzehnjährigen Sohnes bin ich immer wieder erstaunt, wie vernünftig diese Generation mit Alkohol umzugehen scheint. Während in meiner Jugend Komasaufen als beliebte Freizeitbeschäftigung galt und die Jungs in meiner Klasse damit prahlten, wie viele Maß sie auf dem Volksfest wegzischen konnten, erlebe ich die heutige Teenager-Generation als eher zurückhaltend in Sachen Bier und Wein.

Genusstrinken oder schon Sucht?

Als Mutter ist es mir wichtig, den Umgang mit Alkohol nicht zu verharmlosen, ich will ihn aber auch nicht verteufeln. Mein Sohn hat als 15-Jähriger zum ersten Mal ein Glas Wein getrunken, auf einem Familienfest. Die aus meiner Sicht schlechtere Alternative wäre gewesen, dass er sich heimlich (weil verboten und vielleicht genau deshalb reizvoll) mit seinen Kumpels die Kante gegeben hätte. Statt nun mit erhobenem Zeigefinger striktere Alkoholgesetze für Jugendliche anzumahnen, sollten wir lieber grundsätzlich unseren gesellschaftlichen Umgang mit der Volksdroge Alkohol hinterfragen.

Ungefähr ein Fünftel der Deutschen hat ein problematisches Trinkverhalten, sprich: Viele trinken zu regelmäßig und zu viel. Bier und Wein gehören so eng zu unserer Kultur, dass die Grenzen zwischen Genuss und Sucht leicht verwischen. Ist das noch ein „wohlverdientes Feierabendbier“ oder trinke ich, um Stress abzubauen? Genieße ich ein „geselliges Glas Wein“ oder brauche ich die Droge, um mich gut zu fühlen? Diese Fragen muss jeder für sich selbst beantworten.

Marketing verbieten

Staatliche Regulierung kann dazu beitragen, einen verantwortungsvolleren Umgang mit der Volksdroge Alkohol zu fördern. Die World Health Organization (WHO) hat in Studien wirksame Maßnahmen identifziert – hilfreich wäre etwa eine höhere Mehrwertsteuer für alkoholische Getränke. Momentan wird ein alkoholfreies Bier genauso hoch besteuert wie eines mit Alkohol. Eine andere wirksame Maßnahme wäre, Marketing und Werbung, wie bei Zigaretten, zu verbieten. Doch ich ahne, welchen Aufschrei ein solcher Vorschlag nach sich ziehen würde, nach dem Motto „Wir lassen uns nicht auch noch das Bier verbieten“.


Quellen:

  • WHO: Beim Alkohollkonsum gibt es keine gesundheitlich unbedenkliche Menge am Tag. https://www.who.int/... (Abgerufen am 11.06.2024)