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18 Stück Würfelzucker – so viel Süßes steckt in einer 0,5-Liter-Flasche Cola. Seit Jahren wird immer wieder über eine sogenannte Softdrink-Steuer in Deutschland diskutiert. Bislang gab es dafür keine Mehrheit. Nun setzen sich neun Bundesländer dafür ein, dass Hersteller in Zukunft eine solche Abgabe auf besonders zuckerhaltige Produkte zahlen. Sie erhöhen damit den Druck auf die Ampel-Regierung, endlich aktiv zu werden – gut so.

Deutschland hat ein dickes Problem

Stephanie Schersch, Politik-Ressortleiterin

Stephanie Schersch, Politik-Ressortleiterin

Wie viele andere Länder auch hat Deutschland ein dickes Problem: Rund 61 Prozent der Männer sind hierzulande übergewichtig und 47 Prozent der Frauen. Ein Grund dafür ist eine ungesunde und stark zuckerhaltige Ernährung. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt daher schon seit Jahren, eine Sonderabgabe auf süße Softdrinks einzuführen. Viele Länder sind diesem Appell bereits gefolgt, darunter Großbritannien. Dort greift seit 2018 eine Zuckersteuer.

Wer es gern süß mag, muss hier nun mehr bezahlen. Zugleich hat die Steuer auch Einfluss auf die Rezepturen der Hersteller genommen. So hat etwa Coca-Cola den Zuckergehalt in Fanta oder Sprite unter den kritischen Grenzwert gesenkt, um die Abgabe zu umgehen. Ganz ähnlich haben auch andere Hersteller reagiert. Der Zuckergehalt in Softdrinks ist damit zwischen 2015 und 2021 im Schnitt um fast 30 Prozent gefallen. Und: Fettleibigkeit bei Jugendlichen wurde seltener.

Das Beispiel zeigt: Die Steuer taugt als Mittel im Kampf gegen ungesunde Lebensmittel. Deutschland setzt hingegen auf eine Selbstverpflichtung der Hersteller. So hatte die Getränkeindustrie im Jahr 2018 erklärt, Zucker in ihren Produkten künftig freiwillig zu reduzieren. Viel passiert ist seitdem allerdings nicht. Zwischen 2015 und 2021 ist der durchschnittliche Zuckergehalt lediglich um 2 Prozent gesunken – eine ernüchternde Bilanz im Vergleich zu Großbritannien.

Deutschland könnte 16 Milliarden Euro sparen

Ohne Zwang bleiben Softdrinks also vor allem eines – viel zu süß. Dabei könnte eine Limosteuer hierzulande viele Fälle von Übergewicht, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern, geht aus einer Studie der Technischen Universitäten München und der britischen University of Liverpool hervor. Insgesamt 16 Milliarden Euro volkswirtschaftliche Kosten ließen sich so allein in den nächsten zwanzig Jahren sparen, weil weniger Behandlungen nötig wären und die Menschen seltener im Job ausfielen.

Es fehlt also nicht an Argumenten für eine Softdrink-Steuer. Die Ampel aber steht sich bei diesem Thema seit Monaten selbst im Weg. Während die Grünen für eine solche Abgabe plädieren, hält die FDP vehement dagegen und sieht die Steuer als eine Art Bevormundung der Bürgerinnen und Bürger. Natürlich hat jeder und jede Einzelne das Recht, selbst zu entscheiden, was er oder sie zu sich nehmen möchte. Zugleich aber haben sie auch Anspruch auf Schutz vor den profitorientierten Interessen einer mächtigen Industrie.

Bleibt zu hoffen, dass der Widerstand der FDP durch den Vorstoß der neun Bundesländer erste Risse bekommt. Fest steht: Eine Softdrink-Steuer würde Deutschland guttun. Sie könnte ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Adipositas sein.


Quellen:

  • Coca-Cola Deutschland: Neun Fakten über Coca‑Cola und Zucker. https://www.coca-cola.com/... (Abgerufen am 18.06.2024)
  • Robert-Koch-Institut: Themenschwerpunkt: Übergewicht und Adipositas. https://www.rki.de/... (Abgerufen am 18.06.2024)
  • Technische Universtität München : Zuckerreduktion bei Softdrinks kommt nicht voran. https://www.tum.de/... (Abgerufen am 18.06.2024)
  • Technische Universität München: Zuckersteuer könnte bis zu 16 Milliarden Euro einsparen. https://www.tum.de/... (Abgerufen am 18.06.2024)
  • Plos Medicine: ticle Associations between trajectories of obesity prevalence in English primary school children and the UK soft drinks industry levy: An interrupted time series analysis of surveillance data. https://journals.plos.org/... (Abgerufen am 18.06.2024)