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Die Einsicht kam spät, wie so oft in der Politik. Rund 500 Medikamente sind in Deutschland aktuell knapp. So steht es in der Engpassliste, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte führt. Über viele Jahre haben die Parteien das Problem nicht wirklich ernst genommen, erst die Pandemie brachte die Wende. Jetzt hat der Bundestag ein Gesetz gegen Lieferengpässe ­beschlossen. Doch es wird allenfalls punktuell Verbesserungen bringen.

Besonders dramatisch war die Lage zuletzt bei Kinderarzneimitteln. So mussten sich Eltern in Apotheken vielfach durchfragen, um an Fiebersaft zu kommen. Genau das hat ­Bundesgesundheitsminister Karl ­Lauterbach (SPD) öffentlichkeitswirksam ins Zentrum seiner Reform ­gerückt. Tatsächlich setzt die Ampel in diesem Teilbereich an den richtigen Stellschrauben an: Preisregeln werden gelockert und Rabattverträge ­abgeschafft, über die Krankenkassen aktuell immer nur den günstigsten Herstellern den Zuschlag für die ­Versorgung ihrer Versicherten ­erteilen. So wird die Produktion von Kindermedikamenten wieder attraktiver für die Industrie.

Verbesserungen sind auch für Antibiotika in Sicht. Bei Rabattverträgen für diese Wirkstoffe sollen in Zukunft verpflichtend auch Unternehmen mit ­Produktion in Europa zum Zuge ­kommen. Das soll die Arzneimittelherstellung zurückholen und die ­Abhängigkeit von Asien reduzieren.

Bei vielen anderen Medikamenten ­allerdings bleibt das Gesetz ein stumpfes Schwert im Kampf gegen Lieferengpässe. Auch Blutdrucktabletten, Insuline, Psychopharmaka oder Krebsmedikamente sind immer ­wieder knapp. Zwar werden Hersteller und Klinikapotheken verpflichtet, wichtige Präparate in größeren Mengen einzulagern. Vorübergehende Engpässe sollen sie so besser abfedern können. Zudem will die Politik gedeckelte Preise kurzfristig anheben, wenn zu wenige Anbieter bestimmte Medikamente produzieren. Doch ­damit würde sie dann viel zu spät auf einen drohenden Mangel reagieren.

Keine Frage, die Lage ist äußerst komplex. Den Krankenkassen fehlt Geld. Zugleich rufen Pharmahersteller teilweise Mondpreise für innovative Arzneimittel auf. Doch ganz anders sieht es aus bei Nachahmermedikamenten, den sogenannten Generika. Hier ­wurde die Preisschraube in den ­zurückliegenden Jahren bereits vielfach überdreht. Im Schnitt erhalten Hersteller sechs Cent für eine Tagesdosis. So ziehen sich Unternehmen nicht selten aus Kostengründen aus der Produktion zurück.

Immerhin: Apotheken sollen auch in Zukunft einfacher auf ein anderes, wirkstoffgleiches Medikament ausweichen können, wenn ein Präparat nicht lieferbar ist. Diese Regelung war in der Pandemie als Übergangslösung gedacht und wird nun dauerhaft greifen. So lässt sich flexibler auf Lieferschwierigkeiten reagieren, damit Patientinnen und Patienten möglichst schnell ihr Arzneimittel bekommen.

Trotzdem: Eine nachhaltige Strategie gegen Engpässe bringt das Gesetz nicht. Wir brauchen ein vorausschauendes Konzept für alle Generika. ­Natürlich würden die Kosten der Reform damit steigen. Fehlen dauerhaft lebenswichtige Medikamente, könnte uns das am Ende allerdings noch deutlich teurer zu stehen kommen. Bleibt zu hoffen, dass in der Ampel-Regierung auch diese Einsicht langsam wächst.


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