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Nirgendwo zwischen Spitzbergen und Sevilla werden mehr Sonnenstunden gezählt als an der Algarve, der „Sonnenbank Europas“. Selbst im November herrschen mit durchschnittlich 17 Grad sehr milde Temperaturen. „Das Meer ist noch warm, aber die Touristenmassen sind weg, überall kehrt eine angenehme Ruhe ein“, schwärmt Eva Herre. „Und sollte doch schon der ­erste Regen kommen, ist es beeindruckend, wie schnell sich frisches Grün ausbreitet.“ Die 68-Jährige weiß, wovon sie spricht. Sie verbringt schon mehr als die Hälfte ihres Lebens in Barão de São João bei Lagos.

Der Ort hat bei Wanderbegeisterten einen guten Ruf, vor allem wegen des seit 2018 jeweils am ersten Novemberwochenende ausgetragenen „Walk & Art Fest“. „Das Festival ist für mich ein starker Moment der Begegnung: zwischen Kunst und Natur, Ausländern und Einheimischen“, sagt Eva Herre und verweist auf über 80 kostenfreie Angebote. Geführte Wanderungen, Mountainbike-Touren, Vogelbeobachtung und Tai-Chi-Sessions gehören ebenso zum Programm wie Workshops und eine öffentliche Ausstellung lokaler Künstlerinnen und Künstler. Dieses Jahr beteiligen sich mehr als ein Dutzend Mitwirkende an der Open-Air-Galerie. Zudem sind ein Konzert im Kulturzentrum, ein Nachtspaziergang und Workshops zu Wandmalerei (Murals), Eisenblaudruck und Steinbemalung geplant.

Eva Herre beobachtet seit einigen Jahren, dass immer mehr Urlaubsgäste zum Wandern an die Algarve kommen. Insbesondere im Herbst. Das liegt nicht zuletzt an den wunderschönen Wanderwegen. So führt die 2012 eröffnete Rota Vicentina von Lagos über das Cabo de São Vicente bis nach Santiago de Cacém in der Nachbarregion Alentejo. Wobei es sich genau genommen um ein (Rad-)Wegenetz handelt. Neben zwei Dutzend kleinerer Rundwege stechen zwei Hauptrouten heraus: der „Caminho Histórico“ durchs Hinterland sowie der „Trilho dos Pescadores“, der sich über Sand und schroffe Klippen nah am Ufer entlangschlängelt. Eher kunstvoll-bizarr gibt sich die Fels­kulisse am „Sete Vales Suspensos“ bei Lagoa. Auch wenn der „Weg der sieben Hängetäler“ nur sechs Kilo­meter misst, braucht man für ihn wegen der atemberaubenden Blicke auf Felsbögen und Brandungspfeiler gern mehrere Stunden.

Rund zehn Tage sollte man für die „Via Algarviana“ veranschlagen, zumindest wer den uralten Pilgerweg von Alcoutim an der Grenze zu Spanien bis Sagres komplett meistern will. Eine gute Idee, geht es doch nicht nur quer durch die Algarve, sondern auch durch sämtliche Landschaftskulissen. Mal ist es das hügelige Hinterland der Serra de Monchique, mal fruchtbare Täler mit klaren Flüssen, mal Olivenhaine und Korkeichenwälder, mal Akazienmeere. Auf jeden Fall gibt es viel Natur und kleine Dörfer, in denen man nächtigen, essen oder eine Etappe starten kann.

Am Endpunkt der Via Algarviana, dem Cabo de São Vicente, ragen die Felsen turmhoch aus dem Meer. Bis zu 70 Meter bricht hier die karge Ebene von Sagres mit ihren Relik­ten der Megalith-Kultur abrupt ab. Schwer vorstellbar, dass manche Angler, die von hier oben ihre Rute in die tosende Gischt hinablassen, ­tatsächlich Brassen, Makrelen und Tintenfische an den Haken bekommen. Gut vorstellbar hingegen, dass die roman­tische Szenerie schon viele zu Liebesschwüren animiert hat. Ein Stell­dichein am südwestlichsten ­Ende Europas: Das hat was!

Eva Herre hätte da aber noch einen Tipp: „Ein im November oft richtig einsamer Strand ist die Praia da Figueira. Im Ort Figueira das Auto abstellen und zu Fuß etwa 20 Minuten zum Strand laufen. Ein kleiner Traum.“

Eva Herre

Die 1955 in Augsburg geborene Künstlerin lebt und arbeitet seit mehr als 30 Jahren im südportu­giesischen Dorf Barão de São João. Dort baute sie einen internationalen Waldorfkindergarten auf und betreibt ein Mal-­Atelier, in dem sie Kurse anbietet. Beim „Walk & Art Fest“ ist sie mit ihren Kunstwerken vertreten.

Infos für Ihre Reiseplanung

Wie kommt man hin?

Auto: Drei Tage sollte man für die über 2500 Kilometer lange Fahrt einrechnen. Reine Fahrzeit von München nach Sagres: 27 Stunden.

Zug: Auch mit dem Zug empfiehlt es sich, viel Zeit oder weitere Stopps einzuplanen. Bei mehreren Umstiegen inklusive Fahrt mit dem Fernbus beträgt die reine Fahrzeit etwa 32 Stunden.

Wo kann man übernachten?

„Aldeia da Pedralva“: Was für eine Meta­morphose! Das lange verlassene Dorf wurde wiederbelebt, indem es in ein Hotel mit vielen Häusern umgewandelt wurde.

Was kann man erleben?

Das im Hinterland gelegene Silves war einst die Hauptstadt des maurischen Al-Gharb. Die ­Kathedrale aus dem 13. Jahrhundert und die Burg zeugen von ihrer einstigen kulturellen Bedeutung. Heute ist das Städtchen eher verschlafen und für seine Orangen und Zitronen bekannt – und die Störche, die auf vielen Dächern und Türmen ihre Nester errichtet haben.

Unbedingt probieren:

Neben Feigen, Mandeln und Fisch gehören auch Percebes (Entenmuscheln) zu den ­Spezialitäten der Algarve. Sie sehen zwar nicht sehr appetitlich aus, schmecken aber köstlich.


Quellen: