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Die japanische Brücke und der Seerosenteich, die Kathedrale von Rouen, die Felsen der Alabasterküste: Wer kennt sie nicht, die berühmten Motive großer Impressionisten wie Claude Monet und Pierre-­Auguste Renoir? 1874 als Gegenentwurf zur jahrhundertelangen Atelier­malerei begründet, ist „der Impressionismus untrennbar mit den Landschaften und Stadtansichten der Normandie verbunden. Sie standen den Freiluftkünstlern Modell und schenkten Inspiration“, sagt Dieter Basse, ein deutscher Fotograf, der schon lange in der Nähe von Caen zu Hause ist. Sein Fazit: „Wohin man blickt, tolle Motive.“

2024 steht die populäre Kunstrichtung mehr denn je im Mittelpunkt. Zum 150. Jubiläum huldigt ihr das Festival „Normandie Impressionniste“ mit einem umfangreichen Programm. Von 22. März bis 22. September gibt es mehr als 200 Veranstaltungen und Ausstellungen, in denen internationale Stars der Kunst- und Kulturszene das Erbe der Impressionisten beleuchten. An unzähligen Orten in der nordwestfranzösischen Region (und in Paris). Im Kunstzentrum Hangar 107 in Rouen lockt eine Interpretation von Monets Seerosen. Der Teich wird per Lautsprecher hörbar und mit einer Leinwand und Pigmentpulver in wellenförmigen geometrischen Mustern sichtbar gemacht. Auf der Fas­sade der Kathedrale erstrahlt ab Mai ­eine akustisch untermalte Lichtins­tallation. Im Fischerdorf Honfleur nimmt eine Ausstellung im Musée ­Eugène Boudin die Besucher mit zu den Anfängen des Impressionismus. Auch sonst ist in dem Ort viel los. Wie früher. „Zwischen 1860 und 1880 waren alle Größen der Zunft einmal hier vertreten. Zum Malen und ausgelassenen Feiern“, erzählt Basse.

Ausgiebig feiern kann man heute besonders gut in Caen, einer der größten und aufregendsten Städte der Region. Kein Wunder, bei rund 30 000 Studenten, die fast ein Drittel der Bevölkerung ausmachen. Vor allem rund um das Hafenbecken mit seinen vielen Bars herrscht quirliges Flair. Ebenso im Quartier du Vaugueux, wo alte Bauwerke, an die hundert Glockentürme, zahlreiche Cafés und charmante Läden die andernorts durchaus sichtbaren Kriegswunden der Stadt vergessen machen.

Um die Region zu entdecken, ist Caen ein idealer Ausgangspunkt. Die langen Strände der Küste liegen nur 15 Autominuten entfernt. Es ist nicht weit zur wildromantischen Halbinsel Cotentin und zur wenn auch oft überfüllten Felseninsel Mont-Saint-­Michel. Im Osten von Caen wiederum liegen Le Havre, Honfleur und Rouen sowie das für seine Fachwerkhäuser und Apfelplantagen bekannte Pays d’Auge. Es stellt insbesondere im Frühjahr dank zartrosa Apfelblüten eine Augen­weide dar. Dass auch andere Sinne geweckt werden, dafür sorgen hochprozentige Apfelprodukte wie der allseits beliebte Cidre und der Calvados – zwei der drei großen C, für die das Hinterland der Côte Fleurie bekannt ist. Das dritte steht für Camembert.

In Caen kommen diese und viele ­weitere Spezialitäten der Normandie auf die Markt- und Restauranttische, von Austern über Jakobs- und Mies­muscheln bis hin zum Birnenschaumwein, dem „normannischen Cham­pagner“. Kunstliebhaber steuern zudem das Musée des Beaux-Arts an. Im Rahmen des Impressionismus-­Festivals zeigt es in der Ausstellung „Das Theater der Waren. Kunst und Handel, 1860–1914“ rund 100 Werke, mit denen Künstler die Umwälzungen der Handelsrevolution des 19. Jahrhunderts interpretieren. „Das Museum ist auch deshalb reizvoll, weil es im Château de Caen liegt“, findet Dieter Basse. Die Festung thront im Stadtzentrum auf einem Hügel. Von Wilhelm dem Eroberer errichtet, war sie damals eine der größten ­Europas – ein Bauwerk, das noch immer beeindruckt.

Dieter Basse

Der 71-Jährige mit Wurzeln im Sauerland lebt mit ­seiner normannischen Frau seit mehr als 20 Jahren in Saint-Lô westlich von Caen. Als Fotograf, Journalist und Übersetzer hat er zahlreiche Ecken der Normandie kennengelernt. Als Übersetzer für das Festival „Normandie Impression­niste“ kam er auch stärker mit der Kunstrichtung in ­Berührung.

Infos für Ihre Reiseplanung

  • Wie kommt man hin?

Auto: Von Frankfurt über Paris und Rouen nach Caen in etwa 8,5 Stunden (Mautpflicht!). Zug: Mit ICE/TGV und TER-Regionalbahn geht es in sieben Stunden etwas schneller. Bei den günstigsten Verbindungen muss man nur in Paris Zug und Bahnhof wechseln.

  • Wo kann man übernachten?

Votre Expérience Insolite: ausgefallene, charmante und zugleich preiswerte Bed-&-Breakfast-Unterkunft mitten in Caen. Sie verfügt über vier ungewöhnlich ein­gerichtete Studios samt Kochgelegenheit.

  • Was kann man erleben?

Den Teppich von Bayeux bewundern: Nur 15 Zug-Minuten von Caen entfernt liegt Bayeux mit seinen bezaubernden Gassen – ein mittelalterliches Schmuckstück. Das schmuckste Stück der Kleinstadt? Der weltberühmte 68 Meter lange Wandteppich.

  • Unbedingt probieren:

Die Normandie ist ein Feinschmeckerparadies. Wo anfangen? Bei den Köstlichkeiten des ­Meeres, allen voran Austern, Muscheln, Makrelen und Garnelen. Auch Schnecken und Galettes (etwa mit eingelegten Calvados-­Äpfeln) stehen hoch im Kurs. Und Käse!


Quellen: