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Einen Blick ins Herz werfen. Zuschauen, wie seine Klappen sich öffnen und schließen, wie Blut in die Kammern und in die Kranzarterien strömt. Veränderungen der Gefäßinnenhaut wie durch ein Mikroskop sichtbar machen. All das ist möglich, ohne den Brustkorb aufzuschneiden. Verschiedene Untersuchungsmethoden erzeugen mithilfe von Ultraschall, Röntgenstrahlen oder einem Katheter Bilder des Pumporgans und helfen so, Herzleiden auf die Spur zu kommen.

Etwa Erkrankungen der Herzkranzgefäße, die zu einem Herzinfarkt führen können. Warnzeichen für einen Infarkt sind zum Beispiel starke Schmerzen, Druck- und Engegefühl in der Brust. Dann gilt: keine Zeit verlieren und die 112 wählen. Die Frage „Mit welcher Methode untersuche ich das Herz?“ stellt sich in diesem Fall nicht. Bei ausgeprägten Beschwerden fährt der Rettungsdienst direkt in eine Notfallambulanz oder ein Krankenhaus, das Tag und Nacht Geräte und Personal für eine Herzkatheteruntersuchung bereithält.

„Bei Verdacht auf einen Infarkt ist der Herzkatheter die Methode der Wahl“, sagt der Kardiologe Prof. Dr. Axel Schmermund vom Cardioangiologischen Centrum Bethanien (CCB) in Frankfurt am Main. Bei dieser Untersuchung können gefährliche Engstellen in den Herzkranzgefäßen nicht nur sichtbar gemacht, sondern auch sofort behandelt werden: Ein Ballonkatheter dehnt verengte Gefäße auf. Gefäßstützen (Stents) halten die Adern offen, damit das Blut wieder fließen kann und der Herzmuskel mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt wird.

Im Notfall, bei akuten Durchblutungsstörungen, rettet der Herzkatheter Leben. Aber die Untersuchung ist aufwendig, Komplikationen sind möglich. In weniger bedrohlichen Fällen, wenn die Wahrscheinlichkeit für Engstellen unter 50 Prozent beträgt, kann es sinnvoll sein, für das Bild vom Herzen eine andere Methode zu wählen.

Zum Beispiel eine Computertomographie des Herzens, kurz Kardio-CT. Der Radiologe Prof. Dr. Marc Dewey, stellvertretender Direktor der Klinik für Radiologie in der Berliner Charité, erforscht seit Jahren die Chancen und Grenzen der Kardio-CT. In einer großen, europaweiten Studie haben er und sein Team untersucht, ob Patienten und Patientinnen mit einer mittleren Wahrscheinlichkeit für koronare Herzkrankheit eher von einer CT oder einem Herzkatheter profitieren. In beiden Gruppen traten schwerwiegende Ereignisse wie Herzinfarkte ähnlich häufig auf. Das Risiko für Komplikationen war in der Kathetergruppe höher. Fazit des Experten: „Bei mittlerem Risiko kann die CT eine Alternative zum Herzkatheter sein.“ Dewey ist von der Kraft der CT-Bilder überzeugt: „Mit den neuesten Geräten können wir erkennen, woraus die Ablagerungen bestehen, und Rückschlüsse für die Behandlung ziehen.“ Und: Sollte doch noch ein kathetergestützter Eingriff oder eine Operation nötig sein, ließe sich dieser mithilfe der CT-Bilder besser planen.

Jüngst hat auch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) festgestellt, dass die Kardio-CT den Herzkatheter ersetzen kann, wenn eine mittlere Wahrscheinlichkeit für Engstellen in den Herzkranzgefäßen besteht. Bei einem Teil der Untersuchten wird weitere Abklärung durch einen Herzkatheter nötig sein. Die anderen aber profitieren von der nicht invasiven Untersuchung: Ihnen wird der Arzt oder die Ärztin eine medikamentöse Behandlung, eine Herzsportgruppe oder beides empfehlen. Aufgrund des IQWiG-Berichts befürwortet der Gemeinsame Bundesausschuss (GB-A), die Kardio-CT in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufzunehmen. Das wird vermutlich noch in diesem Jahr umgesetzt.

Bei leichteren Herzbeschwerden, etwa wenn man beim Treppensteigen aus der Puste kommt, ist eine Frage interessant: Was passiert da gerade? Wirkt sich die Belastung auf die Herzfunktion aus? „Genau das ist bei einer Stress-Echokardiographie zu erkennen“, so Axel Schmermund. „Stress“ bedeutet, dass die Belastung für das Herz während der Untersuchung gesteigert wird – durch Fahrradfahren oder Medikamente. Die untersuchende Ärztin beobachtet via Ultraschall, wie das Herz auf die steigenden Anforderungen reagiert. Kontrahiert sich die Muskulatur in allen Bereichen der Herzwand stärker? Dann ist nichts zu befürchten, dem Herzen geht es gut. Verhalten sich manche Abschnitte anders als erwartet, deutet das auf Sauerstoffmangel hin. Die Diagnose Durchblutungsstörung in den Kranzgefäßen liegt nahe. Dann sind weitere Untersuchungen nötig, um mögliche Ablagerungen genauer ins Visier zu nehmen.

Welche Herzuntersuchung zum Einsatz kommt, erfordert immer eine individuelle Abwägung. Dabei gilt: Die Methode soll möglichst wenig belasten, Ressourcen schonen, eine sichere Diagnose oder eine sofortige Behandlung möglich machen. Oft ergibt nicht ein Verfahren allein, sondern erst die Kombination ein wirklich gutes Bild.

Herzkatheter: bei Verdacht auf Infarkt Methode der Wahl

  • Vorteil: Werden Engstellen entdeckt, können diese direkt behandelt werden – Diagnose und Therapie in einem. Der minimalinvasive Eingriff kann im Notfall lebensrettend sein.
  • Nachteile: Invasive Methode; Komplikationen wie Blutungen, Rhythmusstörungen, Herzinfarkt, Schlaganfall sind möglich, aber selten. Strahlenbelastung; Kontrastmittel erforderlich.

Kardio-CT: Röntgenbilder der Blutgefäße in 3-D

  • Vorteil: Neuere Geräte liefern detailreiche Bilder der Herzkranzgefäße. Größe und Art der Ablagerungen sind gut zu erkennen.
  • Nachteile: keine Kassenleistung; Kontrastmittel; Strahlenbelastung (variiert, entspricht in etwa der beim Herzkatheter).

Stress-Echo: Bewegte Bilder zeigen das Herz in Aktion

  • Vorteile: geringer Aufwand, keine Strahlenbelastung.
  • Nachteile: Beurteilung der Herzkranzarterien nur indirekt möglich. Auch ausgedehnte Ablagerungen können übersehen werden, wenn sie nicht zu einer Verengung mit entsprechenden Auswirkungen führen.

Untersuchungen fürs Herz

  • Überwachen: Mehrere Bildschirme zeigen zum Beispiel die Herzgefäße und das EKG.
  • Durchleuchten: Das durch den Katheter zugeführte Kontrastmittel macht die Herzkranzgefäße im Röntgenbild sichtbar.
  • 3-D-Bild: Die Röntgen-Schichtaufnahmen werden vom Computer zu einem Bild zusammengesetzt.
  • Blick ins Detail: Lage, Größe und Beschaffenheit der Gefäßablagerungen (Plaques) sind erkennbar – wichtige Infos, um die Behandlung zu planen.
  • Körperliche Belastung: Beim Radfahren auf dem Liege-Ergometer wird sie unter EKG-Kontrolle schrittweise gesteigert. In Pausen prüft die Ärztin die Herzbewegungen mit Ultraschall. Bei körperlichen Einschränkungen kann die Belastung auch durch Medikamente erzeugt werden.
  • Schallbilder: Zeigen sie unregelmäßige Bewegungen der Herzwände, deutet das auf eine Durchblutungsstörung hin. Auch Blutfluss, Funktion der Herzklappen oder Herzschwäche lassen sich gut erkennen.

Quellen:

  • The DISCHARGE Trial Group: CT or Invasive Coronary Angiography in Stable Chest Pain. https://www.nejm.org/... (Abgerufen am 24.04.2024)
  • Deutsche Herzstiftung: Deutscher Herzbericht 2022. https://epaper.herzstiftung.de/... (Abgerufen am 24.04.2024)
  • Albus C, Barkhausen J et al.: Diagnostik der chronischen koronaren Herzkrankheit, Clinical practice guideline: The diagnosis of chronic coronary heart disease. https://www.aerzteblatt.de/... (Abgerufen am 17.08.2023)
  • Bundesärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF): NVL Chronische KHK. file:///... (Abgerufen am 17.08.2023)
  • IQWiG: Computertomografie-Koronarangiografie mit oder ohne funktionelle Beurteilung zur Diagnose einer chronischen koronaren Herzkrankheit. https://www.iqwig.de/... (Abgerufen am 17.08.2023)
  • Bundesamt für Strahlenschutz: Röntgen - Nutzen und Risiken mit integriertem Röntgenpass. https://www.bfs.de/... (Abgerufen am 24.04.2024)
  • Mézquita AJV, Biavati F, Falk V et al.: Clinical quantitative coronary artery stenosis and coronary atherosclerosis imaging: a Consensus Statement from the Quantitative Cardiovascular Imaging Study Group. https://www.nature.com/... (Abgerufen am 24.04.2024)