Logo der Apotheken Umschau

Ein Kätzchen schmiegt sich an eine Frau, die gerade die Straße kehrt. Ein kleiner Mann mit Bart und spitzer Mütze trägt eine Sonnenblume vor sich her. Ein weiterer balanciert ein Herz auf dem ausgestreckten Arm. Beim Besuch in der drittgrößten Stadt Polens stehen Zwerge als Bronzeskulpturen in allerlei Alltagssituationen an jeder Straßenecke.

Einmal im Jahr, 2023 bereits zum 14. Mal, wird den kleinen Fabelwesen eine besondere Ehre zuteil: Besucherinnen und Besucher Breslaus können vom 8. bis zum 10. September das „Zwergenfestival“ bestaunen. Dann erwachen die Zwerge in der Stadt zum Leben, wenn sich ganze Familien bunte Zipfelmützen basteln und durch die Straßen laufen.

Symbol des Widerstands

Ihren Ursprung haben die Zwerge in der polnischen Geschichte. Und zwar im fried­lichen Widerstand gegen das kommunistische Regime in den 80er-Jahren, weiß Katarzyna Stępniak. Sie ist eine der Organisatorinnen der Veranstaltung. Ein Zwerg mit einer ­Blume war das Widerstandssymbol, das von den Oppositionellen damals an Häuserwände gemalt wurde. Das anschließende Übermalen der Zwerge durch die Machthabenden, so die 37-Jährige, hätten ihre Gegner bereits mit eingeplant. „Es ist ja ein bisschen lächerlich, Zwergen­figuren zu überstreichen“, so Stępniak. „Es war also auch eine Möglichkeit, sich über das Regime lustig zu machen.“

Breslaus Zwergenkultur

Die Zwergen-Graffitis gab es zu ­dieser Zeit auch in anderen Städten Polens. Die Besonderheit in Breslau: Nach dem Ende der friedlichen Revolution begannen Menschen, die kleinen Wesen nicht mehr nur zu malen, sondern auch Zwergenskulpturen aufzustellen. Die erste wird „Papa Zwerg“ genannt und steht seit 2001 im Süden der Promenade Świdnicka. Er thront auf einer menschlichen Fingerspitze als Denkmal für die Widerstandsbewegung.

Im Laufe der Zeit siedelten sich immer mehr Zwerge an. Die ersten wurden noch gezielt auf ­Initiative des Bürgermeisters von Breslau hin aufgestellt. Nach und nach entwickelte sich die Zwergen­kultur zum Selbstläufer. Inzwischen sind es ungefähr 1000, so Stępniak. Per App können Touristinnen und Touristen in Breslau auf Zwergensuche gehen. „Es ist wie Pokémon im richtigen Leben“, sagt Stępniak.

Ein Fest für Groß und und Klein

Beim Fest zu Ehren der Zwerge im September stehen während des ersten Tages vor allem die sehr jungen Besucher Breslaus im Vordergrund. Die Schulen veranstalten eine große Parade mit Kindern in Zwergenmützen und für die jungen Zuschauer stehen Zaubershows, Schminken und Basteln auf dem Programm. „Auf den ersten Blick gibt es beim Zwergen­festival vor allem viel für Kinder zu sehen“, sagt Organisatorin Katarzyna Stępniak, „aber Erwachsene haben meist auch sehr viel Spaß daran, Zwergenmützen zu basteln und sich diese aufzusetzen.“ An den anderen beiden Festtagen zeigen lokale Darsteller Theaterdarbietungen mit Märchen für Kinder und Erwachsene.

Aus Deutschland ist es nicht weit hierher: Breslau liegt nur etwa vier Stunden entfernt von der deutschen Grenze. Stępniak rät, sich einfach durch die gemütliche Stadt treiben und sich einen Blick von oben nicht entgehen zu lassen. Dafür bieten sich die Türme einer der sieben Kirchen auf der Dominsel an. Wer Geschichte liebt, für den ist die Insel auf der Oder sowieso ein Muss. Sie ist durch Brücken mit der Stadt und anderen Inseln verbunden. Hier steht auch der Breslauer Dom im gotischen Stil, das Wahrzeichen der Stadt. Auch Ausflüge in den Szczytnicki-Park mit dem Japanischen Garten und in den Zoologischen Garten lohnen sich.

„Es lohnt sich aber auch, sich von den kleinen Gassen überraschen zu lassen“, erklärt die gebürtige Breslauerin Stępniak. Auch als Besucherin und Besucher fühle man sich in der drittgrößten Stadt ­Polens schnell zu Hause.

Infos für Ihre Reiseplanung

Wie kommt man hin?

Auto: Von Berlin über Cottbus in Brandenburg auf der A 4, in etwa viereinhalb Stunden. Von Süddeutschland aus auf der A 9 und A 4 über Dresden und Görlitz in etwa 7,5 Stunden.

Zug: Von Berlin über Frankfurt an der Oder dauert die Anreise etwa fünf Stunden.

Wo kann man übernachten?

Basecamp Wrocław: Hier wohnt man in modernem, funktionalen Design. Von der Terrasse aus eröffnet sich ein schöner Ausblick auf das Zentrum.

Was kann man erleben?

Wissenszentrum Hydropolis: Auf einer Fläche von 4000 Quadratmetern ­vermittelt es mit interaktiven Installationen und einer Entspannungszone Wissen zum Thema Wasser. Das Zentrum liegt in einem unterirdischen Wasserspeicher aus dem 19. Jahrhundert, nur etwa 2,5 Kilometer von der Altstadt entfernt.

Unbedingt probieren!

Pierogi: Das sind Teigtaschen, die zum Beispiel mit Pilzen, Sauerkraut oder Kartoffeln gefüllt sind. Es gibt sie gekocht oder in der Pfanne gebraten. Dazu wird ein großer Klecks Schmand serviert.

Katarzyna Stępniak

Seit 2016 organisiert die 37-Jährige das Zwergenfestival mit. Wer zu ihr in die Touristinfo in Breslau kommt, dem rät sie, die Stadt zu Fuß zu erkunden. Schön zum Schlendern: der über 100 Hektar große Szczytnicki-Park.


Quellen: