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Mangelernährt in der Klinik“ oder „Wenn Krankenhausessen krank macht“: Schlagzeilen wie diese liest man in schöner Regelmäßigkeit. Die schlechte Qualität der Ernährungsversorgung in vielen deutschen Krankenhäusern ist ein Dauerbrenner. Gute Beispiele gibt es schon auch – aber leider eher selten. Eine Klinik, die leckeres, gesundes Essen anbietet, ist ein Glücksfall.

Zu wenig Geld für nahrhafte Mahlzeiten

Dabei könnte ein Krankenhaus mit einem guten Speisenangebot bei seinen Patientinnen und Patienten punkten. Denn so ein Tag in der Klinik kann lang sein. Mahlzeiten sind da eine willkommene Abwechslung. Ob zu zerkochten Nudeln ein Stück in Soße ertränktes Fleisch aufs Tablett kommt oder knusprige Rösti mit Grillgemüse und Feta, macht einen Unterschied.

Wie gesundheitsförderlich deutsches Klinikessen eigentlich ist, kann niemand sicher sagen, Studien dazu gibt es nicht. Lediglich Vorgaben, wie die Mahlzeiten aussehen sollten: Schon 2011 gab die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) entsprechende Qualitätsstandards heraus. Aber nur 105 von insgesamt etwa 3000 Krankenhäusern und Rehakliniken hierzulande haben bisher mindestens eine Menülinie durch die DGE zertifizieren lassen. Wie so oft scheitert es am Geld. Der finanzielle Druck der Kliniken wirkt sich auch auf die Küche aus. Gerade einmal fünf Euro pro Person geben Krankenhäuser für Essen aus –am Tag, wohlgemerkt.

Mangelernährung erkennen

Nun dürften einige Tage Klinik-Kost den meisten Menschen nicht schaden. Fatal wird es aber, wenn Kranke bereits mangelernährt ankommen. Das ist bei jeder dritten Einweisung der Fall. Das Defizit darf sich nicht weiter verschlimmern, sondern muss behandelt werden. Denn seine Folgen sind längst bekannt: Es gibt mehr Komplikationen bei und nach Operationen, Wunden heilen schlechter, und Kranke müssen öfter zurück in die Klinik.

Die Krux: Mangelernährung lässt sich nicht sofort erkennen. Sie ist keine Frage des Körpergewichts, auch Übergewichtige können schlecht versorgt sein. Um den Ernährungszustand festzustellen, braucht es geschultes Personal. Und genau das fehlt. In deutschen Kliniken betreut eine Diätassistentin durchschnittlich 188 Patientinnen und Patien­­ten. Nur vier von einhundert Häusern haben ein spe- zielles Ernäh­­rungsteam.

Änderung durch Klinikreform?

Damit sich an der Misere etwas ändert, müssen alle umdenken: Die Klinikverwaltung muss das Essen – bei guter Qualität – als Aushängeschild verstehen. Pflegende müssen sofort Alarm schlagen, wenn jemand nicht gegessen hat. Ärztinnen und Ärzte müssen verinnerlichen, dass die Ernährung ein wesentlicher Teil der Therapie ist. Und alle Professionen müssen eng zusammenarbeiten.

Ohne Rückendeckung durch die Politik bleiben diese Ideen nur Visionen. Denn sie umzusetzen kostet Geld. Die Finanzierung muss per Gesetz gesichert werden. Jetzt ist die Zeit dafür, denn die Klinikreform steht an. Konkrete Verbesserungsvorschläge liegen längst auf dem Tisch: Kranke müssen bei der Aufnahme in die Klinik routinemäßig auf Mangelernährung untersucht werden und bei Bedarf die passende Therapie erhalten. Größere Häuser müssen ein interprofessionelles Ernährungsteam einrichten. So fordert es ein Bündnis von 24 medizinischen Fachgesellschaften. Damit ­eine gute ernährungsmedizinische Versorgung nicht länger ein Glücksfall bleibt.


Quellen:

  • ​ Adolph M, Schweikert D, Wessels B. et al : Ernährungstherapie: Mangelernährt in der Klinik. https://www.aerzteblatt.de/... (Abgerufen am 25.04.2023)
  • Schuetz P, Sulo S, Walzer S, et al: Economic evaluation of individualized nutritional support in medical inpatients: Secondary analysis of the EFFORT trial. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/... (Abgerufen am 25.04.2023)
  • Schuetz P, Fehr R, Baechli V, et al.: Individualised nutritional support in medical inpatients at nutritional risk: a randomised clinical trial. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/... (Abgerufen am 25.04.2023)