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Bei meinem heutigen Gast ist mir fast etwas wehmütig ums Herz. Herzlich willkommen, rosa Rezept – und auf Wiedersehen.

Bevor ich endgültig in Rente gehe, könnten Sie mich wenigstens mal mit meinem richtigen Namen ansprechen. Fachleute kennen mich als Muster 16.

Muster 16? Und wer ist, sagen wir, Muster 8 oder 12?

Muster 8 regelt die Verordnung einer Sehhilfe und mein geschätzter Kollege Muster 12 die der häuslichen Pflege. In einer ärztlichen Praxis muss alles seine Ordnung haben. Ob das mit dem E-Rezept auch klappen wird? Mal sehen. Doch man muss mit der Zeit gehen. Bis ich so aussah wie heute, war es ebenfalls ein weiter Weg.

Das glaube ich gern. Ich habe mir gestern mal genauer angeschaut, was alles auf Ihnen steht. Viel verstanden habe ich nicht.

Das müssen Sie auch nicht. Sie sind ja weder Ärztin noch Apothekerin. Damit die Kommunikation zwischen diesen Heilberufen glattläuft, hat man mich nämlich erfunden.

Wie lange gibt es Sie denn schon?

Meine Geburt, so könnte man sagen, verlief in mehreren Etappen. Rezepte, die angeben, wie man bestimmte Heilmittel herstellt, gibt es schon seit Tausenden von Jahren. Mal überlegt, woher das Wort „Rezept“ überhaupt kommt? Darin steckt das lateinische Wort „recipere“, was „nehmen“ bedeutet. Noch heute beginnt jedes Koch­rezept mit den Worten „Man nehme“. Meine Urahnen waren einfach eine Art Kochrezepte für Arzneien.

Also, auf den Rezepten, die ich bekommen habe, stand immer nur der Name eines Medikaments.

Geduld bitte, meine lange Geschichte braucht ihre Zeit. Im 13. Jahrhundert entstand hierzulande ein neuer Berufsstand, nämlich der des Apothekers. Die Ärzte sagten, welches Mittel das richtige ist – die Apotheker stellten es her. Was sie zu tun hatten, das schrieben die Ärzte anfangs in ein Rezeptbuch, das in der Apotheke auslag.

Das ist aber umständlich.

Eben. Und deshalb gingen die Ärzte dazu über, das Rezept auf ein Stück Papier zu schreiben. Das gaben sie dann der Patientin oder dem Patienten mit. Damit nicht einfach irgendein Quacksalber das Mittel mischen konnte, verwendete man eine Fachsprache: das Apothekerlatein.

Stimmt. Einige Wörter auf Ihnen kenne ich noch aus meinem Latein­unterricht. Zum Beispiel „aut idem“.

Genau! Das heißt „oder dasselbe“ und bedeutet, dass man in der Apotheke auch ein anderes Arzneimittel ausgeben kann, wenn es denselben Wirkstoff enthält. Die allermeisten Medikamente stellt man in der Apotheke ja nicht mehr selbst her. Das machen längst Pharmafirmen. Dafür habe ich heute andere wichtige Funktionen.

Zum Beispiel?

Ohne mich kann man viele Medikamente überhaupt nicht bekommen. Die Mittel sind rezeptpflichtig. Ärztin oder Arzt muss sie verschreiben – und zwar bislang in der Regel auf mir, dem Muster 16. Wichtig bin ich auch, damit Versicherte das Medikament von ihrer Kasse erstattet bekommen.

Und jetzt? Brauche ich in der ­Apotheke ein Smartphone?

Nein. Die elektronische Gesundheitskarte reicht. Sie können sich das digitale Rezept auch ausdrucken lassen. Allerdings nicht in Rosarot. Doch werden wir wohl nicht ganz aussterben. Bei technischen Problemen stehen wir sofort bereit. Und die sind ja nicht so selten.


Quellen:

  • Avci M, Grothusheitkamp K et al.: Vom analogen zum digitalen Arzneimittelrezept, Eine lange Transformationsgeschichte . Deutsche Apotheker Zeitung: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/... (Abgerufen am 06.02.2024)
  • KBV: Erläuterungen zur Vereinbarung über Vordrucke für die vertragsärztliche Versorgung. Online: https://www.kbv.de/... (Abgerufen am 06.02.2024)