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An der Nordseeküste gehört strammer Westwind rund ums Jahr zum Standardstrandprogramm, ebenso wie Ebbe und Flut. Kein Wunder also, dass an den breiten Sandstränden Dänemarks regelmäßig jede Menge Einleiner- und Lenkdrachen in die Luft steigen.

Allerorten „Leinen los“ heißt es beim jährlichen „International Kite Fliers Meeting Fanø“, das in diesem Jahr vom 20. bis 23. Juni stattfindet. Dann flattern auf der etwa 50 Kilometer nördlich von Sylt gelegenen Insel mehr als 5000 selbst gebaute oder gekaufte Drachen in allen Farben, Formen und Größen über den 15 Kilometer langen Rindby-Strand. „Das Besondere an diesem Festival ist, dass es weder Sponsoren noch geladene Gäste gibt. Jeder darf kommen, mitmachen und mitorganisieren – ohne Voranmeldung und Kosten. Das Festival ist zu 99 Prozent selbst organisiert“, erklärt Wolfgang Schimmelpfennig, der nach dieser Rechnung für den verbleibenden Rest-Prozentpunkt zuständig ist. „Ich schaffe nur die Rahmenbedingungen.“ Das nennt man wohl nordisches Understatement.

Mittlerweile zieht das Festival alljährlich bis zu 50 000 Besucherinnen und Besucher an – und das bei gerade einmal 3500 Inselbewohnern. Um Konkurrenz und Wettbewerb geht es bei dem Event nicht, sondern um den gemeinsamen Spaß. Das merkt man den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an, wenn sie ihre übermannsgroßen Schweine, Einhörner, Pokémons und andere fabelhafte Wesen bis zu 250 Meter hoch steigen lassen.

Ideen für technische und kreative Meisterwerke vermitteln die Lesungen, Ausstellungen und Workshops während der Festivaltage. Beliebt sind aber auch die familiären Sit-ins, Sing- und Grillabende. „Es ist nicht nur der irre lange Strand, der Fanø zum perfekten Drachenfestivalplatz macht“, resümiert der mittlerweile 72-jährige Schimmelpfennig, der auch beim diesjährigen 40. Jubiläum wieder mitwerkelt. „Es ist das Inselleben und das ganze Drumherum, das die Herzen von Drachenfliegern hochfliegen lässt.“

Und es ist vor allem auch die Lage im Nationalpark Vadehavet, dem Wattenmeer, das die UNESCO 2009 zum Weltnaturerbe erklärt hat. Dazu die mit gerade mal 16 Kilometern Länge und fünf Kilometern Breite überschaubare Inselgröße. Die gute Verfügbarkeit von Ferienhäusern, Hotels und Campingplätzen. Und nicht zuletzt die entspannte Grundstimmung – die Dänen nennen sie Hygge –, die eine genussvolle Auszeit verspricht. Die Lieblingsbeschäftigungen der großteils deutschen Gäste: Baden, Bummeln, Bernsteinsammeln. Schimmelpfennigs Ganzjahrestipp: „Ein Ausflug zum Pælebjerg mit seinen urwüchsigen Kiefern und seiner Sumpflandschaft ist einmalig!“ Und leicht zu schaffen: Die höchste Inselerhebung misst gerade einmal 21 Meter – ein Hygge-Hügel.

Wem es auf Fanø auf Dauer zu ruhig wird, der setzt von Nordby zum nahen Festland über. Mit der Fähre sind es keine 15 Minuten nach Esbjerg, der mit rund 70 000 Einwohnern größten Stadt an der dänischen Nordseeküste. Sehenswert: der zentrale Torvet-Platz sowie das futuristische „Musikhuset Esbjerg“. Außerdem die neun Meter hohe Skulpturengruppe „Der Mensch am Meer“ – vier Männer aus weißem Beton, die in einer Reihe sitzend aufs Meer blicken. Eine gewisse Mystik haftet auch Ribe an, wurde Dänemarks älteste Stadt doch von den Wikingern gegründet. Verwinkelte Gassen, schmucke Häuser und das Wikingermuseum lohnen den Abstecher. Genauso wie der Aufstieg auf die älteste Domkirche des Landes. Allein wegen des Blicks nach Fanø.

Zur Person: Wolfgang Schimmelpfennig

Ob als Studierender in Berlin, Auszubildender in den USA, Projektingenieur in Hamburg oder Rentner: Die Konstruktion neuer Drachenmodelle begeisterte den heute 72-Jährigen zeit seines Lebens. 1985 gründete er das Drachenfestival auf Fanø.

Infos für Ihre Reiseplanung

  • Wie kommt man hin? Auto: Von Hamburg in etwa 3,5 Stunden nach Esbjerg. Von dort fährt mehrmals stündlich die Fähre in etwa 15 Minuten nach Fanø (keine Mautgebühren)
  • Zug: Ähnlich lange dauert die Fahrt von Hamburg nach Esbjerg mit EC und IC über Kolding.
  • Wo kann man übernachten und gut essen? „Kellers Badehotel und Spisehus“: Gemütliches und persönlich geführtes Hotel mit nur neun Zimmern. Die Einrichtung ist geschmackvoll, das exzellente Restaurant im Erdgeschoss des Hotels kocht auch für externe Gäste.
  • Was kann man erleben? Die Mini-Insel Mandø: Per Traktorbus setzt man auf Dänemarks einzige nur bei Ebbe erreichbare bewohnte Insel über. Sie wurde wegen besonders geringer Lichtverschmutzung als „Dark Sky Park“ ausgezeichnet.
  • Was sollte man unbedingt probieren: Austern: Beim Østersfestival im Oktober zeigen die besten Köche Dänemarks, welch delikate Gerichte sich mit Austern zaubern lassen. Austernfischer erklären auf Halbtagestouren alles über die Zucht der Muscheln.

Quellen: