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1, 3 % der Deutschen haben ein Glaukom. Mit dem Alter steigt das Risiko: Bei 70- bis 74-Jährigen sind 2,7 Prozent betroffen, bei über 90-Jährigen 10 Prozent. Quelle: Deutsches Ärzteblatt, 2020

Grüner Star, grauer Star – zwei verschiedene Augenerkrankungen, die man als Laie leicht verwechselt. Doch es gibt deutliche Unterschiede. Beim grünen Star geht es um einen erhöhten Augeninnendruck. Er verursacht Schäden an Netzhaut und Sehnerv, die häufig lange unbemerkt bleiben. Beim grauen Star ist die Augenlinse getrübt, Kontraste und Farben verblassen. Die Therapie: Die getrübte Linse wird durch eine künstliche ersetzt. Beim grünen Star kann eine Behandlung die Erkrankung im besten Fall stoppen, aber nicht heilen.

Erste Schäden bei einem Glaukom, wie der grüne Star auch heißt, entstehen meist in den äußeren Netzhautbereichen. Eine Zeit lang gleicht das noch gesunde Auge die Schäden aus. Schreitet der Sehverlust fort, nehmen Betroffene ihre Umwelt wie durch Scheuklappen wahr. Beim Autofahren sehen sie Straße und Verkehrsschilder – aber Personen oder Gegenstände auf dem Gehweg verschwinden aus dem Blickfeld.

Die häufigste Form des grünen Stars ist das Offenwinkelglaukom. Seine Ursache ist unklar, der wichtigste Risikofaktor aber bekannt: ein erhöhter Augeninnendruck. Normalerweise beträgt er 10 bis 21 mmHg (Millimeter Quecksilbersäule). Er wird durch das Kammerwasser bestimmt, das im Ziliarkörper gebildet wird (siehe Grafik Seite 60). Es versorgt Linse, Regenbogenhaut und Hornhaut mit Nährstoffen. Über das Trabekelwerk, ein siebartiges Gewebegeflecht, fließt es wieder ab. Doch das Gleichgewicht zwischen Produktion und Abfluss kann aus der Balance geraten. Eine im Alter dicker werdende Linse etwa verengt die vordere Augenkammer und behindert so den Abfluss. Veranlagung, bestimmte Medikamente, Entzündungen, Verletzungen, Diabetes oder starke Kurzsichtigkeit begünstigen das Entstehen eines Glaukoms. Nicht immer führt ein erhöhter Augendruck zu einem Glaukom. Umgekehrt kann sich die Erkrankung auch ohne erhöhten Druck entwickeln. In diesem Fall spricht man von einem Normaldruckglaukom. 30 Prozent der Glaukome zählen zu dieser Gruppe. Dabei spielen vermutlich Durchblutungsstörungen im Sehnerv eine Rolle. Oder das Auge ist besonders empfindlich, sodass ein normaler Druck bereits Schäden anrichtet.

Vorbeugen lässt sich nicht. „Auch gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung oder der Verzicht aufs Rauchen schützen leider nicht davor“, sagt Prof. Dr. Verena Prokosch, Augenärztin an der Universitätsklinik Köln. Umso wichtiger sind Früherkennung und frühzeitige Behandlung. Prokosch empfiehlt, ab einem Alter von 40 Jahren die Augen untersuchen zu lassen. Dabei wird das Auge gespiegelt: Hornhaut, Linse, Netzhaut und Sehnervenkopf werden auf Veränderungen angeschaut und der Augeninnendruck gemessen. Die Hornhaut wird betäubt, dann ein Messkolben aufgesetzt und so der Druck im Auge ermittelt. Sind die Werte normal und bestehen keine Risikofaktoren, genügt es, den nächsten Termin in drei Jahren zu vereinbaren. Bei Auffälligkeiten sind weitere Untersuchungen nötig. Etwa eine Gonioskopie, um den Kammerwinkel zu betrachten, eine Gesichtsfeldmessung, um das Ausmaß von Netzhautschäden zu bestimmen, oder eine optische Kohärenztomographie (OCT), mit der Netzhautveränderungen dargestellt werden.

Für die Glaukom-Untersuchung (Screening) stellen augenärztliche Praxen in der Regel etwa 20 bis 50 Euro als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) in Rechnung. Krankenkassen übernehmen die Kosten nicht, da der IgeL-Monitor, eine Art Stiftung Warentest für Diagnose- und Therapieverfahren, den Test als „tendenziell negativ“ beurteilt: Es gebe keine Studien, die beweisen, dass ein früher Behandlungsbeginn besser sei als ein später. Die Augenuntersuchung könne aber zu Schäden führen, etwa Reizungen der Hornhaut. Die augenärztlichen Berufsverbände befürworten das Screening mit dem Argument: Erhöhter Druck sei der einzige Risikofaktor, der sich behandeln lässt, und nur eine frühzeitige Behandlung könne die Erkrankung aufhalten. Wer unsicher ist, ob er die Untersuchung machen lassen und selbst bezahlen soll, kann sich augenärztlich beraten lassen, ob etwa individuelle Risiken bestehen.

Wird ein erhöhter Druck oder ein Glaukom festgestellt, gilt das Therapieprinzip: Der Druck muss runter! In der Regel durch Augentropfen. Es gibt verschiedene Wirkstoffe, etwa Prostaglandin-Analoga, Betablocker, Alpha-Agonisten oder Carboanhydrasehemmer. Regelmäßige Kontrollen sind nötig, um die Wirkung zu überprüfen. Manche Menschen vertragen die Wirkstoffe schlecht, manchmal lässt die drucksenkende Wirkung im Lauf der Jahre nach oder Betroffene sind es leid, mehrmals täglich Medikamente ins Auge zu träufeln. Dann sind andere Behandlungskonzepte gefragt.

In frühen Glaukom-Stadien kann eine Laserbehandlung den Druck senken. Dabei werden im Trabekelwerk gezielt winzige Narben gesetzt. Das Gewebe weitet sich, das Kammerwasser fließt wieder besser ab. Das Verfahren ist schonend, seine Wirkung aber begrenzt. Eine Alternative sind minimalinvasive Eingriffe, bei denen winzige Stents oder Drainage-Implantate den Abfluss verbessern sollen. „Auch wenn sich Betroffene schonende Eingriffe wünschen: Bei einem fortgeschrittenen Glaukom würde man durch den Einsatz minimalinvasiver Techniken Zeit verlieren“, sagt Prokosch. Denn manchmal gelingt die erforderliche Drucksenkung nur durch eine Trabekulektomie. Bei dieser Operation wird ein künstlicher Abfluss für das Kammerwasser angelegt. Der Eingriff erfordert viel Erfahrung und verlangt auch wegen der Vor- und Nachsorge von den Operierten viel Geduld und Zeit.

„Welche Methode am besten passt, sollte immer individuell und sehr sorgfältig geprüft werden“, sagt Prof. Dr. Lutz Pillunat, Direktor der Universitäts-Augenklinik Dresden. Zu starker Ehrgeiz, den Druck möglichst rasch und stark zu senken, könne das Auge in Gefahr bringen. „Vor Eingriffen am Auge eine Zweitmeinung an einer großen Augenklinik einzuholen, ist auf jeden Fall eine gute Option.“

Akuter Glaukom-Anfall: rasch handeln!

  • Was passiert? Der Kammerwinkel verengt sich so, dass der Abfluss blockiert ist. Der Augeninnendruck steigt massiv an.
  • Symptome: starke Augen- und Kopfschmerzen, Übelkeit, Sehstörungen. Ein Notfall!
  • Behandlung: Umgehend eine augenärztliche Praxis oder Augenklinik aufsuchen, keine Zeit verlieren. Gesenkt wird der Druck durch Infusionen oder durch einen Eingriff, der den Abfluss wieder herstellt.

Augentropfen sicher anwenden und besser vertragen

Apotheker Sebastian Kößmeier aus Marl erklärt, worauf Sie achten sollten:

  • Tipp 1: Geben Sie nur einen Tropfen ins Auge, schließen
    Sie die Augen und legen Sie für eine Minute den Zeigefinger
    auf den inneren Augenwinkel. Der Tropfen bleibt im
    Auge und fließt nicht über die Nase oder die Wange ab. Das vermeidet Nebenwirkungen.
  • Tipp 2: Wer mehrere drucksenkende Wirkstoffe braucht, kann den Arzt oder die Ärztin fragen, ob ein Kombipräparat verordnet werden kann. Das erleichtert die Anwendung.
  • Tipp 3: Fragen Sie Ihren Augenarzt oder Ihre Augenärztin, ob Sie bei empfindlichen Augen oder Unverträglichkeit Präparate ohne Konservierungsmittel verordnet bekommen können.
  • Tipp 4: Wenden Sie zwischendurch Hyaluron-Augentropfen an. Sie haben einen wohltuenden Effekt, wenn die Augen durch andere Wirkstoffe gereizt oder sehr trocken werden.


Quellen:

  • IGeLMonitor: Augenspiegelung mit Augeninnendruckmessung zur Glaukom-Früherkennung. https://www.igel-monitor.de/... (Abgerufen am 11.06.2024)
  • DOG, Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V.: Leitlinie von DOG und BVA, Bewertung von Risikofaktoren für das Auftreten des Offenwinkelglaukoms. Online: https://register.awmf.org/... (Abgerufen am 31.03.2023)
  • Lavia C, Dallorto L et al.: Minimally-invasive glaucoma surgeries (MIGS) for open angle glaucoma: A systematic review and meta-analysis. https://journals.plos.org/... (Abgerufen am 11.06.2024)
  • Hoffmann E M, Hengerer F, Klabe K et al.: Aktuelle Glaukomchirurgie. https://www.springermedizin.de/... (Abgerufen am 11.06.2024)
  • Erb, C: Neue therapeutische Konzepte in der Glaukomtherapie. https://link.springer.com/... (Abgerufen am 11.06.2024)
  • Schuster A K, Erb C, Hoffmann E M et al.: Diagnostik und Therapie der Glaukome. https://www.aerzteblatt.de/... (Abgerufen am 11.06.2024)