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Studien belegen es: Als Folge des Klimawandels werden wir künftig stärker und häufiger mit extremen Wetterlagen zu tun haben. Immer mehr Landkreise und Kommunen beschäftigen sich deshalb mit entsprechenden Schutzkonzepten. Im Jahr 2023 hatten allerdings nur ein Viertel der Landkreise und kreisfreien Städte bereits einen Plan, 22 Prozent waren an der Sache dran, so das Ergebnis einer Correctiv-Recherche.

So oder so sind wir selbst verantwortlich, unser Hab und Gut, unsere Lieben und uns selbst zu schützen, indem wir entsprechend vorsorgen: „Viele Menschen bekommen zunehmend eine Vollkaskomentalität und denken: Der Staat wird mir schon helfen“, sagt Bevölkerungsschutz-Expertin Katrin Kuder von der Branddirektion des Münchner Kreisverwaltungsreferats. „Aber ohne Eigeninitiative geht es nicht.“

Das bringt im Ernstfall auch viel Entlastung: „Hat man alles vorher schon durchdacht, fragt man sich nicht völlig konfus, was als nächstes zu tun ist. Eine gute Vorbereitung führt also trotz des Schrecks zu mehr Ruhe“, sagt Ursula Fuchs, Leiterin des Referats „Information der Bevölkerung, Selbstschutz, Selbsthilfe“ im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK).

Wie schätzt man Risiken einer Naturkatastrophe ein?

„Sehen Sie sich in aller Ruhe das eigene Wohnumfeld an und überlegen Sie, was im schlimmsten Fall passieren könnte“, rät Ursula Fuchs: Ist das Haus oder der Keller der Wohnung bei Starkregen und Hochwasser gefährdet? Gibt es bei anderen Naturereignissen wie Schneedruck, Dürre oder Sturm weitere Risiken? An welchen Stellen?

Auch Risikokarten können bei einer Einschätzung helfen. In Sachen Überschwemmung haben etwa die Hochwasserzentralen der Länder aktuelle Informationen. Mit dem CEDIM Risk Explorer Germany lassen sich die Gefahren durch Winterstürme, Erdbeben und Fluten einschätzen. Für Bayern zeigt der Umweltatlas Naturgefahren auf. Weitere Quellen für den eigenen Wohnort kennt die jeweilige Kommune.

Dennoch: „Bei Extremwetter ist es nicht immer möglich, Ereignisse genau vorauszusehen“, sagt Ursula Fuchs. „Vielleicht wird ein Bach zur reißenden Flut. Oder das Wasser kommt ins Haus, weil die Kanalisation die Wassermassen nicht mehr aufnehmen kann.“

Worauf ist bei Versicherungen zu achten?

Schäden am und im Wohngebäude durch extremes Wetter können ohne entsprechende Versicherung finanziell existenzbedrohend sein. Bei Zerstörung am und rund ums Gebäude springt die Wohngebäudeversicherung ein, bei beweglichem Hab und Gut greift die Hausratversicherung. Bei Naturgewalten wie Starkregen, Schneedruck, Sturm oder Erdrutsch braucht man aber in beiden Fällen eine Elementarschadenversicherung. Lediglich rund die Hälfte aller privaten Wohngebäude sind mit diesem Zusatz abgesichert.

Überprüfen Sie deshalb ihre Verträge. Gerade ältere Policen beinhalten oft keine Elementarschäden. Ob eine Zusatzversicherung dann sinnvoll ist, hängt von Ihrem individuellen Risiko ab. Die Verbraucherzentrale gibt jedoch zu bedenken: Starkregen kann Sie überall treffen – auch wenn Sie auf einem Berg wohnen.

Schäden durch eintretendes Grundwasser sind in der Regel nicht abgesichert, da sie meist durch undichtes Mauerwerk oder Baumängel entstehen. Hier kann bauliche Nachrüstung oder ein schnelles Eingreifen mit einer Tauchpumpe helfen, Schlimmeres zu verhindern. Letztere sind relativ kompakt und günstig.

Aber Vorsicht: „Pumpen Sie nur selbst, wenn lediglich ein paar wenige Zentimeter Wasser auf dem Boden stehen und Sie sicher sind, dass keine Steckdosen oder Stromleitungen feucht sind. Ist es mehr, sollten Sie Fachleute rufen, denn es besteht sehr schnell Lebensgefahr“, warnt Ursula Fuchs.

Überlegen Sie gemeinsam, wie Sie sich untereinander unterstützen könnten

Woran sollte man beim Planen denken?

„Tauschen Sie sich mit Ihrer Nachbarschaft über Erfahrungswerte aus. Überlegen Sie gemeinsam, wie Sie sich untereinander unterstützen könnten“, sagt Ursula Fuchs. Wer hat bei Überschwemmungen zum Beispiel Pumpen, Sandsäcke, Sack- und Schubkarren?

Durchdenken Sie Fluchtwege, Zuständigkeiten, einen Treffpunkt, wenn man sich als Familie nicht erreichen kann – und die Versorgung mit Medikamenten: Wie kann man etwa Insulin oder andere Präparate, die im Kühlschrank gelagert werden müssen, bei Stromausfall kühl halten oder bei einer Evakuierung mitnehmen? Wie kommt man an Nachschub verschreibungspflichtiger Arzneien? Gut ist immer, einen gewissen Vorrat daheim zu haben. „Es ist auf jeden Fall empfehlenswert, bei der Gemeinde nachzufragen, welche Notfallpläne es gibt, um den eigenen Plan darauf abzustimmen“, sagt Fuchs.

Wo kann man sich informieren?

Installieren Sie sich Warn-Apps wie NINA, BIWAPP, Katwarn oder WarnWetter auf dem Smartphone. Dort können Sie Meldungen zu Ihrem Wohnort abonnieren und wenn gewünscht, auch die Wohnorte enger Verwandter, um rechtzeitige und gesicherte Informationen zur aktuellen Lage zu erhalten. „Informieren Sie sich zusätzlich über passende Social-Media-Kanäle oder WhatsApp-Gruppen, etwa von lokalen Feuerwehren und Behörden“, rät Katrin Kuder.

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Vorratshaltung: So geht's

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Welcher Vorrat ist sinnvoll?

Ob Hitzewelle oder Sturm: Eine gewisser Vorrat an Lebensmitteln, Medikamenten und Wasser ist immer hilfreich, wenn man bei widrigem Wetter nicht vor die Tür kann. Eine ausführliche Checkliste finden Sie online beim BBK.

„Stellen Sie zudem sicher, dass Sie stets an Informationen kommen, auch bei Stromausfall“, sagt Ursula Fuchs. „Das kann ein Radio mit Kurbel oder Batterien sein oder zwei, drei immer geladene Powerbanks fürs Handy.“ Ebenfalls sinnvoll: Taschenlampen, Ersatzbatterien, Kerzen, Feuerzeuge.

Könnte Starkregen ein Problem werden, sollen Sie einige große Eimer parat haben. Sandsäcke sind ebenfalls eine Überlegung wert, „sofern Sie sie selbst tragen können und Platz haben, sie zu lagern“, sagt Katrin Kuder. Auch die Anschaffung einer Pumpe kann sinnvoll sein. „Sie sollten sich dann vorher unbedingt mit der Bedienung befassen“, sagt die Expertin der Branddirektion. Bei Stromausfall ist auch ein kleines, leistungsstarkes Notstromaggregat sinnvoll.

Tipps für Notfälle

  • Bewahren Sie Ruhe, um möglichst klar denken zu können. „Ihr Leben und das Leben Ihrer Angehörigen hat oberste Priorität. Es ist immer wichtiger als das Tafelsilber im Keller oder das Leben von Hund und Katze“, sagt Katrin Kuder.
  • Informieren Sie sich regelmäßig im Radio, im TV, im Internet oder über soziale Medien über die aktuelle Lage.
  • Sind Sie gefährdet, beginnen Sie frühzeitig mit der vorgesehen Sicherung, etwa Rückstauklappen überprüfen, Türen, Abflussöffnungen und Schächte abdichten, Sandsäcke stapeln. Holen Sie sich Nachbarschaftshilfe, wenn Sie das alles alleine nicht schaffen.
  • Zeichnet sich ab, dass im Keller elektrische Anlagen überflutet werden: Sicherungsschalter umlegen. Steht das Wasser schon bis zur Treppe: Den Keller keinesfalls betreten! Es besteht Lebensgefahr, etwa durch Untersog und/oder Strom.
  • „Heißt es, man soll sein Haus verlassen, dann macht man das bitte. Im Ernstfall sollten Sie diesen Anweisungen also unbedingt Folge leisten. Sonst bringen Sie nicht nur sich, sondern auch andere in Gefahr“, sagt Katrin Kuder.
  • Ist bei Ihnen soweit alles klar: Denken Sie an hilfsbedürftige Verwandte und Nachbarn.

Was gehört ins Notfallgepäck?

Bei einer Evakuierung etwa infolge von Hochwasser muss das Zuhause oft rasch verlassen werden. Denken Sie deshalb über Notfallgepäck für jedes Familienmitglied nach. Auch dabei hilft die Checkliste des BBK. „Enthalten sein sollten Kleidungsstücke, Medikamente, Hygieneartikel und Verbandszeug, so dass man damit ein paar Tage außer Haus über die Runden kommt“, sagt Fuchs.

Ebenfalls wichtig: eine Mappe mit wichtigen Dokumenten, etwa Familienurkunden, Zeugnissen, Testament oder Vollmachten. Alle Familienmitglieder sollten wissen, wo diese Unterlagen zu finden sind. Ob Sie die Tasche immer gepackt bereitstehen haben sollten? „Jeder reagiert im Krisenmodus anders. Bewahren Sie eher einen kühlen Kopf, reicht es, sich eine Liste zurechtzulegen und sie dann abzuarbeiten“, sagt Katrin Kuder. Geraten Sie schnell in Panik: lieber gleich packen oder alles Notwendige an einer Stelle zurechtlegen.

Wie kann man einen Keller sichern?

„Bei Hochwasser ist meist der Keller als erstes betroffen“, sagt Katrin Kuder und rät, sich dort besonders genau umzusehen: Lassen sich tiefliegende Fenster und Türen besser abdichten oder durch wasserdruckdichte Exemplare ersetzen? Könnte ein Lichtschacht ummauert werden oder zusätzliche Schwellen oder Stufen an Eingängen vor Wassereintritt schützen? Sind die Abflüsse an den Kellereingängen frei und die Rückstauklappen, die Abwasser fernhalten, regelmäßig gewartet? Ist der Heizöltank gegen Aufschwimmen gesichert? Lassen sich Anlagen wie Router, Sicherungskasten oder Heiztherme in ein höheres Stockwerk verlegen? Mehr Tipps zum Schutz gegen Flut hat das Hochwasserkompetenzcentrum.

Regenrinne säubern, Pflaster entsiegeln

Checken Sie potenzielle Gefahren an Dach und Garten: Sind die Regenrinnen frei? Ist das Dach dicht und hält auch hohem Schneedruck stand? Überstehen Dachstuhl und Eindeckung auch Orkanböen? Lassen sich Markisen und Überdachungen gegen Sturm sichern? Ist der Blitzschutz ausreichend?

Steht das Haus am Wasser, sollten Abfälle und loses Material nicht im Garten gelagert werden, damit sie bei Hochwasser nicht mitgerissen werden. Schließlich können selbst kleine Bäche bei Starkregen zu reißenden Fluten werden. „Ist Ihr Grundstück stark gepflastert, kann es auch sinnvoll sein, die Flächen zu entsiegeln“, sagt Katrin Kuder. „Dann kann das Oberflächenwasser absickern, anstatt über die glatte Fläche ins Haus zu fließen.“ Es gibt spezielle versickerungsfähige Pflastersteine. Auf nicht oder wenig genutzten Flächen können Eigentümerinnen und Eigentümer auch selbst aktiv werden – mit Hacke oder Schaufel. Tipps von der Verbraucherzentrale NRW lesen Sie hier.


Quellen:

  • Huth K., Joeres A. et al., CORRECTIV, Recherchen für die Gesellschaft gemeinnützige GmbH, Essen: Hitze, Dürre, Starkregen: So schlecht ist Deutschland vorbereitet. Online: https://correctiv.org/... (Abgerufen am 25.06.2024)
  • Verbraucherzentrale NRW, Düsseldorf: Unwetterkatastrophen: Wichtige Fragen und Antworten für Betroffene. Online: https://www.verbraucherzentrale.de/... (Abgerufen am 25.06.2024)
  • Zachariah M., Grantham Institute, Imperial College London, UK, Philip S., Royal Netherlands Meteorological Institute (KNMI), De Bilt, The Netherlands et al.: Extreme heat in North America, Europe and China in July 2023 made much more likely by climate change. Online: https://spiral.imperial.ac.uk/... (Abgerufen am 25.06.2024)