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Wie nachhaltig ist Baden in Naturgewässern?

Nachhaltiges Baden bedeutet, das Wasser und seine Umgebung so wenig wie möglich zu belasten. „Im Prinzip geht es darum, möglichst wenig Störungen zu verursachen“, sagt Gewässerökologe Dr. Markus Venohr vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei. Denn dass man die Natur überhaupt nicht störe, sei streng genommen kaum möglich. Auf eine angenehme Abkühlung an heißen Sommertagen müsse man deswegen aber nicht verzichten. Mit ein paar einfachen Regeln beim Aufenthalt am und im Wasser lässt sich die Natur gut schützen.

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Darf ich ins Wasser pinkeln?

Wahrscheinlich tun es viele, zugeben aber nur wenige. Man kann es eklig finden, wenn Leute ins Wasser pinkeln. Aus Sicht der Natur dürfte das aber meist unproblematisch sein. Zwar führt Urin, wie etwa auch Kuhgülle, dem Wasser Nährstoffe zu. Das kann zu vermehrtem Algenwachstum führen oder sogar ein Gewässer kippen lassen – siehe unten. Aber in großen Gewässern wie Seen oder dem Meer ist so viel Wasser, dass es keine Rolle spielt, wenn man hineinpinkelt. In Extremfällen, wenn also sehr viele Menschen in kleinen Gewässern beim Baden hineinpinkeln, könnte das aber durchaus zu einem Problem werden.

Aus demselben Grund sollte man keine Wasservögel mit Brot füttern. Denn das Brot bringt ebenfalls Nährstoffe ein, die zu viel für das Wasser sein können.

Was bedeutet es, wenn ein Gewässer umkippt?

Wird ein See zu warm oder gelangt viel Dünger aus der Landwirtschaft in das Wasser, kommt es manchmal zu einem Überangebot an Nährstoffen und einem Mangel an Sauerstoff. Algen und einige Wasserpflanzen wachsen dort trotzdem gut und vermehren sich rasant. So, dass der See mit dem Abbau der entstehenden Biosubstanz überfordert ist. Das ursprüngliche Gleichgewicht des Gewässers ist gestört: Es ist gekippt. Die Hinweise darauf sind meist leicht zu erkennen: Das Wasser ist sehr trübe, es bildet sich Algenschleim, teils sterben auch die Fische. Baden kann hier aufgrund von Faulgasen und Keimen im Wasser gefährlich sein. Besonders einladend ist ein solcher See aber ohnehin nicht.

Ist Sonnencreme schlecht fürs Wasser?

Sonnencreme kann in der Tat schädlich für das Wasser und die darin lebenden Organismen sein. Viele Sonnencremes enthalten chemisch-organische UV-Filter, die ins Wasser gelangen und dort Lebewesen schädigen können. Ein wohl problematischer Stoff ist Octocrylen, der die Bildung von Schilddrüsenhormonen bei Tieren beeinträchtigen kann. Diese Hormone sind wichtig für Wachstum und Entwicklung, und ihre Beeinträchtigung kann schwerwiegende Folgen haben, insbesondere für Amphibienlarven und Korallen im Meer. Um die Gewässer zu schützen, sollte man Sonnencreme deshalb vor dem Baden gut einziehen lassen.

Mückensprays

Auch der in vielen Mückenschutzmitteln enthaltene Stoff Icaridin wirkt schädlich auf sich entwickelnde Amphibien wie Lurchlarven. Daher sollte man auch Insektensprays gut einziehen lassen, bevor man ins Wasser geht.

Belastung mit Kolibakterien

Trotzdem trägt man ein paar Sachen mit ins Nass, an die man nicht direkt denkt: „E. coli, also bestimmte Darmbakterien, gelangen wohl vom Menschen ins Wasser, selbst wenn man sich vor dem Baden gut abduscht“, sagt Venohr.

Bitte keine Zigaretten-Stummel ins Wasser

Eigentlich sollte klar sein: Müll und vor allem auch Zigaretten-Stummel gehören weder in noch an den See. Im Fall der Zigaretten kann etwa das Nikotin ins Wasser gelangen. „Es lassen sich tatsächlich erhöhte Konzentrationen von Nikotin in Badegewässern messen“, sagt Venohr. Die seien zwar nicht katastrophal, können aber doch einen negativen Effekt auf das Gewässer haben. Außerdem sind viele andere Stoffe in Zigaretten, etwa Schwermetalle, die nicht ins Wasser gelangen sollten. Auch die Filter verschmutzen die Umwelt. Zigaretten-Stummel deshalb bitte nicht einfach auf den Boden, sondern im Müll entsorgen.

Darf ich durchs Schilf gehen?

Das Durchqueren von Schilfgebieten ist aus mehreren Gründen problematisch. Zum einen ziehen sich Wasservögel ins Schilf zurück, um zu brüten und sich vor Feinden zu schützen. Zum anderen hat sich gezeigt, dass das Schilf in vielen europäischen Seen seit den 1950er-Jahren stark zurückgeht, unter anderem durch mechanischen Stress wie Wellenschlag und Schadstoffe. Daher sollte man weder zu Fuß, noch mit Stand-up-Paddle oder Boot zu nahe ans Schilf kommen.

Unterwasserlärm vermeiden

„Schiffs-, Flug- und Straßenlärm – unter Wasser ist es oft richtig laut. Das kann Lebewesen stark stören“, sagt Venohr. Die Auswirkungen der gängigen Schall-Frequenzen seien aber nur zum Teil untersucht und verstanden. Neue elektrische Sportgeräte wie etwa sogenannte Efoils, eine Art schwebendes elektrisches Surfbrett, machen Geräusche in viel höheren Frequenzen. Und ob und wie schädlich diese für Wasserlebewesen sind, wurde bisher noch nicht untersucht.

Schutzzonen respektieren

An viel besuchten Badestellen lässt sich die Natur letztlich nicht richtig schützen. „Das Strandbad am Wannsee besuchen bei schönem Wetter bis zu 15.000 Menschen pro Tag. Da kann man sich vorstellen, dass alles platt getrampelt wird“, sagt Venohr. Umso wichtiger sei es, ausgewiesene Schutzzonen, etwa Naturschutzgebiete, nicht zu betreten. Dort hätten Tiere dann wenigstens Rückzugsräume.

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Fazit

„Am Ende kommt es auf das Verhalten der einzelnen Leute an“, sagt Venohr. Egal ob man schwimmt, am Ufer liegt, paddelt oder Boot fährt: Viele Störungen und Verschmutzungen lassen sich reduzieren, wenn man weiß, wie man sich richtig verhält:

  • Schutzzonen respektieren
  • Nicht durchs Schilf gehen oder paddeln
  • Müll richtig entsorgen
  • Sonnencreme und Mückenspray vor dem Baden einziehen lassen
  • Keine Wasservögel füttern
  • (Unterwasser-)Lärm vermeiden
  • Am besten auch nicht ins Wasser pinkeln

Quellen:

  • Meyer N, Schafft M, Wegner B et al.: A day on the shore: Ecological impacts of non-motorised recreational activities in and around inland water bodies. https://www.sciencedirect.com/... (Abgerufen am 11.07.2024)
  • IGB: Sommerzeit ist Badezeit: 7 Tipps für einen nachhaltigen Aufenthalt am Wasser. https://idw-online.de/... (Abgerufen am 11.07.2024)
  • IGB: Öffentliche Abschlussveranstaltung von AQUATAG: Freizeit am Gewässer – Mensch entspannt, Gewässer gestresst? . https://aquatag.igb-berlin.de/... (Abgerufen am 05.07.2024)