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Ob Pommes, saure Gurken oder Brokkoli: Alles, was Mama in der Schwangerschaft isst, kommt geschmacklich auch beim ungeborenen Baby an. Bereits im zweiten Schwangerschaftsmonat entwickeln sich beim Kind die Geschmacksknospen, mit denen wir Geschmäcke wahrnehmen können. Im fünften bis siebten Schwangerschaftsmonat sind es so viele wie nie mehr in unserem Leben. Danach nimmt die Zahl wieder ab.

Im Mutterleib schluckt das Baby das Fruchtwasser. Und das schmeckt, je nachdem, was die Mutter gerade gegessen hat, unterschiedlich. Weil schon die Kleinsten echte Leckermäuler sind, schlucken sie süßes Fruchtwasser besonders gern und häufig. Das belegen verschiedene Studien.

Welchen Geschmack mögen Ungeborene?

Doch während Süßes bei den Kleinen beliebt ist, finden sie andere Geschmacksstoffe gar nicht lecker. Grünkohl zum Beispiel – der kommt bei Ungeborenen gar nicht gut an, wie Entwicklungspsychologin Beyza Ustun und ihr Team von der Durham University herausgefunden haben. „Wir haben den Müttern eine Einzeldosis Grünkohl- oder Karottenkapseln gegeben, bevor wir sie einer 4-D-Ultraschalluntersuchung unterzogen, und erfassten die Gesichtsreaktionen des Fötus“, erklärt Ustun. Das Ergebnis: Bei (eher süßem) Karottenpulver schienen die Babys zu lächeln, bei Kohl verzogen sie ihr Gesicht wie zu einem Weinen. In einer Folgestudie möchte die Wissenschaftlerin nun herausfinden, ob sich die Kleinen an den Geschmack gewöhnen.

Eine andere Studie aus den USA spricht bereits dafür: Werdende Mütter tranken während der Schwangerschaft regelmäßig Karottensaft. Der Geschmack ihrer Kinder wurde davon maßgeblich beeinflusst, wie ein Versuch zeigte. Der Brei, den die Kleinen sechs Monate nach der Geburt erhielten, wurde entweder mit Karottensaft oder mit Wasser zubereitet. Die Kinder, deren Mütter schon während der Schwangerschaft regelmäßig Karottensaft getrunken hatten, mochten den Brei, der damit zubereitet worden war, besonders gern.

Bei Mäusen und deren Nachwuchs wurde sogar die Gehirnentwicklung durch das, was die Mutter in der Schwangerschaft aß und roch, beeinflusst. Bei Mäusekindern, deren Mütter in der Schwangerschaft Futter mit Minz- oder Kirschgeschmack erhalten hatten, hatten sich größere Geruchsnervenfasern im Riechkolben entwickelt als beim Nachwuchs, dessen Mütter nur neutral schmeckendes Futter bekommen hatten. Es wird vermutet, dass eine ähnliche Entwicklung bei Menschenbabys stattfindet.

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Welchen Geschmack bevorzugen Säuglinge und Kleinkinder?

Egal, wie gesund oder ungesund Mama in der Schwangerschaft isst: Neugeborene stehen auf Süßes. Das ist bereits seit Urzeiten so. Und hat auch einen nachvollziehbaren Grund: Süßes steht für schnell verwertbare Energie. Und auch die Muttermilch schmeckt süßlich. Die Vorliebe hierfür ist uns also tatsächlich bereits in die Wiege gelegt.

Die anderen Geschmacksrichtungen, nämlich sauer, bitter, salzig und umami – das steht für herzhaft oder wohlschmeckend –, müssen die Kleinen erst noch kennenlernen. Hier spielt auch das Stillen eine Rolle. Über die Muttermilch nehmen Babys unterschiedliche Geschmacksstoffe wahr. Säuglingen, die Flaschennahrung erhalten, wird hingegen immer der gleiche Geschmack präsentiert.

„Gestillte Kinder gewöhnen sich rascher an neue Lebensmittel wie Gemüse, Fleisch und Fisch und sind bereit, auch bitteres Gemüse zu probieren“, sagt Ernährungswissenschaftlerin Prof. Andrea Maier-Nöth von der Hochschule Albstadt-Sigmaringen. Und noch etwas hat sie herausgefunden: „Lehnen Kinder ein neu eingeführtes Gemüse wie etwa Artischocken oder Blumenkohl in den ersten Lebensmonaten ab, beenden 85 Prozent aller Eltern ihre Bemühungen spätestens nach dem dritten Versuch – deutlich zu früh.“ Lieber noch mal anbieten – vielleicht kommt der Nachwuchs ja noch auf den Geschmack.

Wie kann man Kinder an Geschmack gewöhnen?

Dranbleiben und immer wieder anbieten ist die Devise. Das gilt vor allem im Kleinkindalter. Auch wenn Eltern hier vielleicht angesichts der Vorlieben ihrer Kleinen für trockene Nudeln und Pudding den Kopf schütteln: Eigentlich sind Kleinkinder echte Feinschmecker. Im wahrsten Sinne des Wortes. Während Erwachsene nur noch zwischen 3000 und 5000 Geschmacksknospen haben, sind es beim Nachwuchs etwa 10.000.

Aber woran liegt es dann, dass Kinder Speisen, die sie doch noch nicht kennen, verschmähen? Am Urinstinkt. Während wir bei bekannten Lebensmitteln wissen, dass sie genießbar sind, ist das bei Unbekanntem nicht klar. „Es ist wichtig, Lebensmittel bei bis zu acht verschiedenen Mahlzeiten anzubieten – bei älteren Kindern ruhig noch öfter – und viele Kontakte mit dem Lebensmittel zu ermöglichen“, sagt Expertin Andrea Maier-Nöth. Auch wenn die Eltern etwas lecker finden, kann das auch für Kinder ein Anreiz zum Probieren sein.

Was hat Geschmack mit dem Gewicht zu tun?

Auch im Grundschulter dreht sich vieles um den Geschmack – für die gesunde Entwicklung hat das weitreichende Folgen. Jedes dritte Grundschulkind in Europa hat laut Weltgesundheitsorganisation Übergewicht. „Kinder mit Übergewicht sind häufiger für süßen und salzigen Geschmack weniger sensibel“, sagt Dr. Hannah Jilani vom Institut für Public Health und Pflegeforschung an der Universität Bremen. In einer Studie hat sie das Geschmacksempfinden sechs- bis elfjähriger Kinder aus acht unterschiedlichen Ländern in den Blick genommen. Heraus kam: Mehrgewichtige Kinder essen unter anderem mehr Süßes oder Salziges, wie zum Beispiel Chips und Schokolade, weil sie diese Geschmacksrichtungen als nicht so krass wahrnehmen. Jilani sagt: „Wichtig ist, dass Eltern ihren Kindern zeigen, wie vielfältig Geschmack sein kann und dass sie ihnen immer wieder neue Lebensmittel anbieten.“