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Die Zeit ohne Baby noch mal richtig genießen und ausschlafen – denn wenn das Baby erst einmal da ist, sind viele kurze Nächte programmiert. Über diesen Tipp können viele Schwangere nur müde lächeln. Denn schlecht schlafen, das tun sie schon jetzt. Rund 60 Prozent der Schwangeren leiden an Schlafstörungen, sagt Prof. Angelika Schlarb, Psychologin an der Universität Bielefeld und Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin e.V. „Meist können sie schlecht einschlafen oder wachen nachts auf und finden dann erst mal nicht wieder zurück in den Schlaf.“

Wie kommt es zu Schlafstörungen in der Schwangerschaft?

Die Probleme können zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft auftreten. Am häufigsten in den Wochen vor der Geburt, manchmal aber auch schon kurz nach dem positiven Test. Denn gerade zu Beginn arbeitet der Körper auf Hochtouren. „Die hormonelle Umstellung verändert das Schlafbedürfnis und Schlafverhalten“, erklärt Schlarb. Obwohl sich viele Frauen tagsüber müde fühlten, verspürten sie nachts plötzlich Unruhe. Daran sind aber nicht nur die Hormone schuld, auch ein vermehrter Harndrang kann den Schlaf stören, ebenso wie eine Flut an Gedanken: Wird mit der Schwangerschaft alles gut gehen? Wie wird sich das Leben verändern? „Es können einem viele Fragen durch den Kopf gehen“, sagt Schlarb.

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Was ist das Restless-Leg-Syndrom?

Im zweiten Trimester rücken solche Sorgen zum Glück oft in den Hintergrund – vor allem dann, wenn man sein Baby endlich zum ersten Mal spürt. Für werdende Mütter ein wunderschöner Moment! Besser schlafen lässt sie das aber nicht unbedingt. Denn durch den kürzeren Schlaf-wach-Rhythmus ist das Baby oft auch nachts aktiv und hält die Schwangere mit Tritten auf Trab.

Aber auch die eigenen Beine können sich plötzlich im Liegen bemerkbar machen – zum Beispiel kribbeln, zucken oder schmerzen sie. Rund jede vierte Schwangere leidet am Restless-Legs-Syndrom (RLS). „Meist hängt es mit einem Eisenmangel zusammen, der im Laufe der Schwangerschaft zunimmt“, erklärt Prof. Kneginja Richter, Chefärztin der Nürnberger Tagesklinik CuraMed und Professorin an der Technischen Hochschule Nürnberg. Eisen ist ein zentraler Bestandteil für die Produktion von Dopamin, dessen Mangel zu RLS führen kann.

Welche Rolle spielt der Bauch?

Mit wachsendem Bauch wachsen meist auch die Schlafschwierigkeiten. Denn: Auf dem Bauch liegen geht nicht mehr, aber zu lange auf dem Rücken oder der rechten Seite auch nicht. Dann kann das Gewicht von Baby, Plazenta und Fruchtwasser auf die untere Hohlvene drücken. Das behindert den Blutfluss aus der unteren Körperhälfte zum Herzen. Dadurch kann einem unwohl und schwindelig werden.

Im dritten Trimester kommt hinzu: Die wachsende Gebärmutter drückt vermehrt nach unten auf die Blase – und nach oben auf Magen und Zwerchfell, was zu nächtlichem Harndrang, zu Sodbrennen und in seltenen Fällen zu kurzen Atemaussetzern führen kann. Zudem sei die biologische Wachsamkeit gegen Ende der Schwangerschaft meist erhöht, erklärt Kneginja Richter. „Schließlich kann die Geburt jederzeit losgehen“, so die Expertin. Der Körper stelle sich zunehmend darauf ein, schütte zum Beispiel vermehrt das Hormon Prolaktin aus. „Es regt die Milchbildung an und bereitet den Körper auf das Stillen vor“, so Richter. Der Schlaf werde insgesamt oberflächlicher. Auch die Gedanken kreisen natürlich um die kurz bevorstehende Geburt.

Tipps für ruhige Nächte

Bewegen: Ein ausgedehnter Spaziergang an der frischen Luft wirkt sich positiv auf die Stimmung und das körperliche Wohlbefinden aus. So fällt man abends müde und zufrieden ins Bett.

Essen und Trinken anpassen: Abends am besten nur leicht Verdauliches essen, auf koffeinhaltige Getränke verzichten. Tagsüber ausreichend Wasser trinken, abends dafür weniger, um nachts nicht auf die Toilette gehen zu müssen.

Abschalten: Abendrituale wie ein warmes Beruhigungsbad, ein Buch oder eine Tasse Tee oder Milch mit Honig können beim Einschlafen helfen. Elektronische Reize durchs Handy oder Fernsehen lieber vermeiden.

Nickerchen: Wer nachts wenig schläft, sollte sich tagsüber möglichst immer wieder Ruhepausen gönnen, damit sich der Körper erholen kann. Auch ein Powernap von maximal 30 Minuten kann wohltuend sein – aber nicht zu spät am Nachmittag, um nicht erst wieder spätabends müde zu werden.

Einkuscheln: Am besten immer auf der linken Seite liegen – zum Beispiel mit einem Kissen zwischen den Knien, unter dem Bauch und im Rücken. So lassen sich auch Rückenschmerzen vermeiden. Der Oberkörper liegt am besten leicht erhöht, um Sodbrennen vorzubeugen.

Schlafumgebung optimieren: Das Schlafzimmer sollte schön kühl (circa 18 Grad), abgedunkelt und gut gelüftet sein. Erst bei Müdigkeit ins Bett gehen.

Sorgen teilen: Sind die Schlafprobleme auf psychische Belastungen wie Stress zurückzuführen, können zum Beispiel Entspannungstechniken wie autogenes Training oder Achtsamkeitsübungen helfen, zur Ruhe zu kommen. Auch sanfte Massagen, Akupunktur oder Schwangerschaftsyoga können guttun. Und: über die Sorgen sprechen – zum Beispiel mit dem Partner, Freundinnen, der Familie oder der Hebamme.

Was können Schwangere tun?

Was also tun? Je nach Ursache können verschiedene Maßnahmen helfen. Bei Problemen wie RLS oder dem Verdacht auf Atemaussetzer ist ärztlicher Rat sinnvoll. Ansonsten gilt zunächst: „Ausprobieren was einem gut tut“, sagt Expertin Schlarb. Manchmal können schon Kleinigkeiten den Schlaf verbessern, zum Beispiel ein anderes Kissen oder kühlende Matratzenauflagen, wenn einem nachts zu heiß wird. Andere wiederum finden mit einer Wärmflasche besser in den Schlaf. Wichtig sei, gut auf sich zu achten. Fühlten sich Schwangere zum Beispiel tagsüber müde und abgeschlagen, sei es wichtig, sich Wohlfühlmomente zu schaffen. „Sich vielleicht mal rauszusetzen, die Blumen im Garten anzuschauen, die so wunderbar blühen“, rät die Psychologin. „Und auch immer wieder zu sich sagen, dass alles gut werden wird.“

Was kann der Partner tun?

Nicht nur Selbstfürsorge ist wichtig. Auch der Partner oder die Partnerin sollte mit ins Boot geholt werden. „Schwangere sollten sich verwöhnen lassen“, betont Schlarb. Zum Beispiel mit einer Fußmassage oder einem wohltuenden Getränk. „Studien zeigen, dass es zu einem besseren Schlaf der Frauen beiträgt, wenn sie sich unterstützt fühlen.“ Dabei müsse immer klar sein, dass sich Bedürfnisse auch ändern können. „Es ist wichtig, dass das völlig in Ordnung ist und auch in der Beziehung thematisiert wird: Was letzte Woche noch galt, gilt vielleicht nächste Woche nicht mehr“, so die Psychologin.

Bessert sich der Schlaf trotz aller Maßnahmen nicht, wenden sich Schwangere am besten an ihre Hebamme oder Gynäkologin. Denn auf Dauer ist Schlafmangel nicht nur mental belastend, sondern geht auch mit Risiken wie einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Schwangerschaftsdiabetes einher. „Die Frauenärztin kann zum Beispiel Tipps geben, welche pflanzlichen Mittel man ausprobieren kann.“ Oder bei psychischen Problemen weitere Hilfsangebote empfehlen. Nichts unversucht lassen, appelliert Schlarb – für eine ruhige Nacht.


Quellen:

  • Kellner S & Richter K: Insomnie in der Schwangerschaft – eine systematische Übersichtsarbeit. Akupunktur: https://www.springermedizin.de/... (Abgerufen am 04.07.2024)
  • Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM): Patientenratgeber der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) AG Pathophysiologie, Der Schlaf von Frauen. https://www.dgsm.de/... (Abgerufen am 04.07.2024)
  • Lottersberger A: Schlecht geschlafen?. Deutsche Hebammen Zeitschrift: https://www.dhz-online.de/... (Abgerufen am 04.07.2024)
  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Beschwerden in der Schwangerschaft: Schlafstörungen und Schlaflosigkeit. https://www.familienplanung.de/... (Abgerufen am 04.07.2024)
  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Beschwerden in der Schwangerschaft: Sodbrennen. Online: https://www.familienplanung.de/... (Abgerufen am 04.07.2024)