Logo der Apotheken Umschau

Sehtest für die passenden Gläser, Fassung aussuchen, nach ein paar Tagen die Brille abholen, fertig. So einfach wie bei einer Sehhilfe geht es bei Hörsystemen leider nicht: Ihre Anpassung bei Schwerhörigkeit ist aufwendig und erfordert Geduld. Doch die Mühe lohnt sich. Schon vor dem Beratungstermin können Sie sich überlegen, was Sie von Hörhilfen konkret erwarten, welcher Komfort Ihnen wichtig ist und wie viel Geld und Zeit Sie investieren können, um Stimmen, Vogelgesang oder Musik wieder besser zu hören.

Betroffene kümmern sich oft zu spät

Sie vermuten, dass Ihr Gehör schwächer wird? Suchen Sie eine HNO-Praxis und ein Hörakustik-Fachgeschäft auf. Hören „passiert“ nicht nur im Ohr, sondern auch im Gehirn. Es braucht Reize, sonst verlernt es diese Fähigkeit. „Unsere Kunden kommen im Schnitt sieben Jahre zu spät“, sagt Eberhard Schmidt, Präsident der Bundesinnung der Hörakustiker in Mainz.

Zuerst zur HNO-Praxis

Die HNO-Ärztin oder der HNO-Arzt untersucht beide Ohren, um zu erkennen, wodurch und wie stark das Hörvermögen eingeschränkt ist. Auch mithilfe von Hörtests kann Fachpersonal feststellen, ob eine Störung im Gehörgang, im Mittelohr oder im Innenohr besteht. Bei einer Hörminderung stellt die Praxis ein Rezept für die Anpassung von geeigneten Hörsystemen aus.

Das passende Fachgeschäft wählen

Wenden Sie sich an ein Hörakustik-Fachgeschäft, das für Sie gut erreichbar ist und in dem Sie sich gut beraten fühlen. Denn die Anpassung neuer Hörsysteme ist häufig ein längerer Prozess. Verschiedene Hörtests sind nötig.

Bei wie viel Dezibel Lautstärke höre ich Töne? Wie gut erkenne ich einsilbige Wörter? Welche Lautstärke empfinde ich als unangenehm laut? Hörakustikerinnen und Hörakustiker werten die Testergebnisse aus und stellen die Geräte so ein, dass Sie sich mit dem Hörsystem wohlfühlen.

„Die Auswahl und Anpassung kann ein paar Wochen dauern“, sagt Hörakustiker-Meister Eberhard Schmidt. Nach und nach wird dann an der Sprachoptimierung gearbeitet, um ein besseres Verstehen auch in schwierigen Umgebungen – zum Beispiel in einem voll besetzten Restaurant – zu ermöglichen. „Diese gleitende Anpassung kann auch deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen“, sagt Schmidt. Ein Vertrauensverhältnis ist daher eine wichtige Voraussetzung.

Wie gut können Sie noch hören?

Viele wissen gar nicht, dass sie schlecht hören. Prüfen Sie selbst, in welchen Situationen Ihnen das Hören schwerer fällt als früher: in einer geselligen Runde im Restaurant wegen der störenden Hintergrundgeräusche? Beim Telefonieren? Nehmen Sie Blätterrauschen oder Vogelstimmen noch wahr? Machen Sie sich Notizen, was Sie hören und was nicht. „So schaffen Sie ein Bewusstsein für das eigene Gehör“, so Schmidt.

Erwartungen und Bedürfnisse abwägen

Hörvermögen 100 Prozent! Wer das erreichen will, braucht nicht nur moderne Hörsysteme, sondern auch intensives Training. Für Lehrkräfte oder Berufsmusiker lohnt sich das. Aber nicht jede oder jeder ist bereit, diesen Aufwand zu betreiben und viel Zeit oder Geld zu investieren.

Zuzahlungsfreie Geräte, für die nur eine Rezeptgebühr anfällt, ermöglichen oft eine erstaunliche Verbesserung des Hörvermögens. In puncto Komfort muss man aber Abstriche machen: Akkugeräte, mit denen man sich das Wechseln der Batterien spart, übernehmen gesetzliche Kassen nicht. Programme oder die Lautstärke der Hörsysteme über eine Smartphone-App zu steuern, ist mit zuzahlungsfreien Geräten ebenfalls nicht möglich.

Angehörige mitnehmen

Oft nehmen Angehörige das Hörvermögen anders wahr als Menschen, die von Schwerhörigkeit betroffen sind. Die Einschätzung von Familie und Freunden kann bei der Beratung daher nützlich sein, um bestehende Defizite besser zu erkennen. Besonders wichtig ist das, wenn auch geistige Einschränkungen bestehen. Unterstützung wird auch gebraucht, wenn es bei Rheuma oder Arthrose um die Handhabung der Hörgeräte geht: Wie setze ich sie ein und nehme sie heraus? Wie werden sie gereinigt, wo nachts aufbewahrt?


Quellen:

  • Löhler, J, Cebulla M et al.: Schwerhörigkeit im Alter - Erkennung, Behandlung und assoziierte Risiken. https://www.aerzteblatt.de/... (Abgerufen am 10.05.2024)
  • BARMER Institut für Gesundheitsforschung: Hilfsmittelreport 2022. https://www.barmer.de/... (Abgerufen am 06.12.2022)