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Warum ist Sport mit Gelenkersatz wichtig?

Wer fit ist und sich viel bewegt, hat größere Chancen, gesund zu bleiben – das gilt auch mit einem Gelenkersatz. Mit Sport und Bewegung verringert man zum Beispiel das Risiko für Übergewicht, Bluthochdruck, Fett- und Zuckerstoffwechselstörungen. Auch die Gefahr möglicher Folgeerkrankungen wie Schlaganfall und Herzinfarkt ist entsprechend kleiner. Außerdem kräftigt Sport die Muskulatur und gibt allen Gelenken, auch dem künstlichen, Stabilität, wie Dr. Minettchen Herchenröder, Generalsekretärin von Physio-Deutschland – Deutscher Verband für Physiotherapie in Köln, erklärt. „Zusätzlich ist Krafttraining und Sport eine gute Sturzprophylaxe.“

Welche Faktoren beeinflussen die Sportmöglichkeiten nach der OP?

Eine Rolle spielen vor allem das Alter, das Gewicht und ob die Person vor dem Eingriff bereits Sport gemacht hat. Grundsätzlich können jüngere Menschen, die vor der Operation sportlich waren, danach mehr machen als ältere, die vielleicht ein paar Kilo zu viel und wenig bis gar keinen Sport gemacht haben. „Menschen, die vor einer Operation sportlich aktiv waren, sind danach auch viel schneller wieder fit“, sagt Herchenröder.

Wichtig: „Das künstliche Gelenk ist nicht zu vergleichen mit dem Gelenk, das man hatte, bevor es verschlissen ist“, betont Prof. Dr. Georgi Wassilew, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik und Direktor der Klinik für Orthopädie und orthopädische Chirurgie der Universitätsmedizin Greifswald. „Eine Prothese soll die Lebensqualität verbessern und ist nicht dafür da, Olympiasieger zu werden.“ Deshalb: sportliche Erwartungen an die neue Situation anpassen.

Welche Sportarten eignen sich mit einer Knie- oder Hüftprothese?

„Sportarten mit einer geringen Belastung sind ohne Probleme möglich und empfehlenswert“, sagt Orthopäde Wassilew. Dazu gehören Fahrradfahren, Nordic-Walking, Wandern, Tanzen, Schwimmen, Golfspielen und Skilanglauf. Sie werden auch Low-Impact-Sportarten genannt. Beim Eislaufen, Rollerblades fahren oder Joggen kommt es darauf an, ob man bereits geübt ist: Wer eine dieser Sportarten schon immer gemacht hat, kann das je nach Einzelfall und mit etwas Zurückhaltung auch mit Prothese tun. Einen Marathon sollte man aber nicht laufen.

Und was gilt bei den sogenannten High-Impact-Sportarten wie Ballsportarten oder jene mit intensivem Körperkontakt? „Zum Beispiel Fußball, Handball, Squash oder Kampfsportarten gehen mit einer hohen Belastung für die Prothese einher und sind nicht empfehlenswert“, warnt Wassilew. Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie hält diese Sportarten im siebten Monat nach der OP auch mit Gelenkersatz für möglich – nach einer sportärztlichen Untersuchung. Generell gilt: Am besten mit Ärztin oder Arzt abklären, was individuell geht und was man besser bleiben lässt.

Wie lange nach dem Eingriff muss man sich schonen?

„In der Regel werden die Patientinnen und Patienten ab dem ersten Tag nach der Operation durch einen Physiotherapeuten oder eine Physiotherapeutin mobilisiert“, erklärt Minettchen Herchenröder. „Das bedeutet: Aufstehen aus dem Bett und Gehen auf dem Zimmer – wenn der Kreislauf es zulässt.“ Außerdem wird das Bein im Liegen gebeugt und gestreckt. An den Klinikaufenthalt schließt sich meist eine etwa dreiwöchige Reha an. Dort geht es darum, sich an das künstliche Gelenk zu gewöhnen, die Muskulatur zu stärken und die Beweglichkeit zu verbessern.

Hier gibt es Unterschiede zwischen Knie- und Hüftprothese. „Knieprothesen werden meist zementiert. Sie sind zwar sofort fest mit dem Gelenk verbunden, aber die Prothese wird durch Bänder geführt. Die müssen nach dem Eingriff heilen und sich an die neue Stellung gewöhnen.“ Für die Hüfte werden meist zementfreie Prothesen verwendet. Sie sind zwar stabil verpresst, müssen jedoch erst in den Knochen einwachsen. Nach drei Monaten geht man bei Knie- und Hüftendoprothese davon aus, dass das Gelenk belastbar ist.

Was sind Warnsignale nach Sport und Bewegung?

„Wer vor dem Sport keine Schmerzen hatte und danach welche hat, sollte das beim Arzt abklären lassen“, rät Wassilew. Bei Muskelkater gilt das natürlich nicht. Eine Knieprothese sitzt direkt unter der Haut und wird sensibler wahrgenommen als ein künstliches Hüftgelenk. Daher können im Knie Schwellungen nach Belastung auftreten, ein Fall für Ärztin oder Arzt.

Was kann passieren, wenn man es übertreibt?

Die größte Gefahr ist, dass sich die Prothese lockert oder verschleißt. „Beides betrifft eher Knie- als Hüftprothesen“, sagt Wassilew. Dank verbesserter Materialien und OP-Techniken müssten Prothesen heute aber viel seltener ausgetauscht werden als früher. Dennoch sollte man die ärztlichen Empfehlungen zu Sport und Belastung einhalten. Der Orthopäde vergleicht ein künstliches Gelenk mit einem Auto: „Wer ständig mit quietschenden Reifen losfährt, braucht schneller neue Reifen als der, der sanft anfährt.“


Quellen:

  • Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik: Sport mit Hüftprothese erwünscht: Fortschritte in der Endoprothetik erlauben deutlich mehr Bewegung. Online: https://www.ae-germany.com/... (Abgerufen am 04.06.2024)
  • Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) : Gelenkersatz und Sport – ist das möglich?. Online: https://www.dgsp.de/... (Abgerufen am 04.06.2024)
  • Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU): Nachbehandlungsempfehlungen 2019, 5. überarbeitete und ergänzte Auflage. Online: https://dgou.de/... (Abgerufen am 04.06.2024)
  • Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Kniearthrose (Gonarthrose), Was erwartet mich vor und nach der Operation?. Online: https://www.gesundheitsinformation.de/... (Abgerufen am 04.06.2024)
  • Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Hüftarthrose (Coxarthrose), Was erwartet mich vor und nach der Hüft-Operation?. Online: https://www.gesundheitsinformation.de/... (Abgerufen am 04.06.2024)