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Was ist eine Vitamininfusion?

Vitamininfusionen werden in sogenannten Drip Bars oder Drip Spas angeboten, aber auch manche Ärztinnen und Ärzte, ebenso Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker bieten sie an. Für die Infusion macht der Patient oder die Patientin einen Arm frei und setzt oder legt sich bequem hin. Dann bekommt er oder sie über einen dünnen Schlauch die Infusionsflüssigkeit in eine Vene, zum Beispiel im Bereich der Armbeuge, injiziert. Die Infusionsflüssigkeit, die nun in die Blutbahn des Körpers tropft (englisch: to drip), besteht aus einer Lösung, die mit bestimmten wasserlöslichen Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, Enzymen, Elektrolyten und Aminosäuren in teils hochdosierter Form angereichert ist.

Die Dauer der Infusion variiert zumeist zwischen 20 bis 60 Minuten und hängt von der Menge des „Cocktails“ und der Venengröße des Patienten oder der Patientin ab.

Was passiert nach der Vitamininfusion im Körper?

Die Flüssigkeit der Vitamininfusion gelangt direkt in die Blutbahn und muss nicht erst noch durch den Verdauungstrakt. „Bei einer Unterversorgung mit Vitaminen werden die Zellspeicher wieder aufgefüllt“, sagt Münchner Internist Professor Johannes Georg Wechsler, Präsident des Bundesverbands Deutscher Ernährungsmediziner (BDEM).

Allerdings: Einen Vitaminmangel haben nur wenige Menschen hierzulande. Die meisten nehmen über die Nahrung alle wichtigen Vitamine auf. „Nur in krankheitsbedingten Fällen benötigt der Körper Vitamininfusionen“, erklärt Wechsler. Das kann etwa bei einer Resorptionsstörung des Darms sein, also wenn die Nährstoffaufnahme im Darm gestört ist. Ansonsten scheidet der Körper einen Überschuss an wasserlöslichen Vitaminen wie B-Vitaminen oder Vitamin C über den Urin wieder aus.

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Welche Wirkung der Vitamininfusionen wird versprochen?

Es wird eine ganze Reihe von Vitamininfusionen angeboten, die unterschiedliche Wirkung haben sollen: Von Beauty-Drips, die das Hautbild verbessern und das Haar verschönern sollen, über Anti-Aging-Drips bis hin zu Immun-Drips, die angeblich das Immunsystem in Schwung bringen. Auch Detox-Drips zur „Entgiftung“ des Körpers oder Hangover-Drips, die den Körper nach durchzechter Nacht wieder fit machen sollen, sind im Angebot.

Um einen Effekt zu erzielen reicht vielen Anbieterinnen und Anbietern zufolge aber eine Anwedung nicht aus. So wird etwa empfohlen innerhalb von acht Wochen mindestens sechs Anwendungen durchzuführen, damit sich die gewünschte Wirkung zeigt.

Gibt es eine durch Studien belegte Wirkung von Vitamininfusionen?

„Es gibt keine belastbaren wissenschaftlichen Daten, dass Vitamininfusionen bei gesunden Menschen eine Wirkung erzielen“, sagt Johannes Georg Wechsler. Ebenfalls fehlen Nachweise, dass Vitamininfusionen bei chronischen Krankheiten helfen.

Was kosten Vitamininfusionen?

„Eine Anwendung kostet zwischen 100 Euro und 400 Euro“, so Professor Marc Birringer vom Fachbereich Oecotrophologie an der Hochschule Fulda. Bei sechs Anwendungen ist man also bis zu 2400 Euro los. Der genaue Preis hängt von der Zusammensetzung des Produkts, mitunter aber auch vom Ambiente einer Drip Bar oder eines Drip Spas ab. Die gesetzlichen Krankenkassen kommen für Vitamininfusionen in Arztpraxen nur auf, wenn dies medizinisch angezeigt ist.

Gibt es womöglich Risiken durch Vitamininfusionen?

Vitamininfusionen als intravenöse Behandlung können allergische Reaktionen oder Infektionen an der Einstichstelle zur Folge haben. Außerdem sollten vor allem vorerkrankte Menschen vorsichtig sein. So könne etwa eine Überdosierung mit Vitaminen die Wirkung einer Chemotherapie bei Krebspatientinnen und -patienten vermindern, sagt Johannes Georg Wechsler.

Zwar wird ein zuviel an wasserlöslichen Vitaminen über die Nieren ausgeschieden. „Sind die Nieren vorgeschädigt, können diese Organe weiter Schaden nehmen“, sagt Marc Birringer. Bei Menschen mit Herzerkrankungen oder Bluthochdruck können hochdosierte Vitamininfusionen zu einer vorübergehenden Flüssigkeitsüberlastung führen, die neben den Nieren das Gehirn und das Herz schädigen kann.

Fazit: Vitamininfusionen sind nur in seltenen Fällen sinnvoll, etwa wenn ein erwiesener Vitaminmangel besteht, der etwa über die Ernährung nicht gedeckt werden kann. Bei gesunden Menschen sind sie überflüssig, teuer und können sogar riskant sein. Wer sich etwas Gutes tun will, sollte „sich gesund und ausgewogen ernähren, wenig Alkohol trinken, sich häufig möglichst an der frischen Luft sportlich betätigen sowie für Entspannung und ausreichend Schlaf sorgen“, betont Birringer.


Quellen:

  • Hill A, Starchl C, Dresen E et al.: Supplementierung von Vitamin C und D bei kritisch Kranken. In: Medizinische Klinik, Intensivmedizin und Notfallmedizin: 11.01.2023, https://doi.org/...
  • Deutsches Krebsforschungszentrum: Was ist dran: Hochdosiertes Vitamin C bei Krebs?. https://www.krebsinformationsdienst.de/... (Abgerufen am 12.06.2024)