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Um welchen Hautpilz handelt es sich?

Der Pilz Trichophyton tonsurans gehört zu den sogenannten Dermatophyten. Das sind Fadenpilze, die sich von Keratin ernähren. Dieser Pilz kann Hautentzündungen verursachen, zum Beispiel auf der Kopfhaut. Fachleute bezeichnen dies als Tinea capitis. Der Pilz kann aber auch den ganzen Körper befallen, dann spricht man von Tinea corporis.

Bislang kannte man den Pilz vor allem als „Mattenpilz“ oder „Ringerpilz“, weil er früher vor allem bei Kampfsportlern im Direktkontakt übertragen wurde. „Dabei reibt Haut auf Haut und der Pilz wird übertragen oder Hautschuppen mit Sporen fallen auf die Matte. Über winzige Verletzungen können die Sporen in die Haut gelangen und dort aufkeimen“, erklärt Dr. Andreas Maronna, Oberarzt der Hautklinik am Universitätsklinikum Erlangen.

Mittlerweile scheinen sich die meisten Menschen aber nicht mehr beim Kampfsport, sondern beim Haareschneiden beziehungsweise Rasieren anzustecken. „Wir sehen sehr viele Betroffene mit Pilzinfektionen am Kopf, vor allem im Nacken, wo die Haare ausrasiert werden“, sagt Dr. Petra Wörl, ebenfalls Oberärztin und Leiterin der Ambulanz an der Erlanger Hautklinik. „Wenn wir nachfragen, stellen wir fest: Der überwiegende Teil der Patienten hat sich in den Wochen zuvor in einem Barbershop die Haare und/oder den Bart rasieren lassen.“

Welche Symptome treten durch den Hautpilz auf?

Viele Betroffene bemerken zuerst eine juckende Rötung am Kopf, dann schuppt sich die Haut, es bilden sich Bläschen und Verkrustungen. „Häufig fallen in der Folge auch die Haare aus. Einmal hatten wir ein Kind hier, bei dem schon drei Viertel der Haare fehlten“, erklärt Hautärztin Wörl. „Durch die zügig begonnene Therapie wuchsen die Haare aber vollständig nach.“ Ihr Kollege Maronna ergänzt: „Wenn die Patienten zu lange warten und der Pilz sehr starke Hautveränderungen hervorruft, kann das zum Untergang der Haarwurzeln führen. Dann bleiben die betroffenen Stellen dauerhaft kahl.“

Manchmal kommt es in der Folge auch zu eitrigen abszessartigen Veränderungen an den befallenen Stellen. Durch die Wunden steigt das Risiko, dass sich auf der Haut natürlicherweise vorhandene Bakterien zusätzlich auf die Pilzinfektion setzen und überhandnehmen. „Dann drohen bakterielle Wundinfektionen mit potenziell schweren Verläufen“, erklärt Oberarzt Maronna.

Solche Superinfektionen erschweren zudem die Diagnostik. Zu den Erlanger Medizinern kommen immer wieder Personen, deren Ärztinnen und Ärzte per Abstrich Bakterien gefunden und sie entsprechend antibiotisch behandelt haben. „Damit bekämpfen sie zwar die bakterielle Infektion, aber der zu Grunde liegende Pilz kann sich weiter ausbreiten“, sagt Expertin Wörl.

Wie wird die Diagnose des Hautpilzes gestellt?

Weil sich Trichophyton tonsurans unbehandelt rasch weiter ausbreitet, ist es wichtig, ihn schnell zu diagnostizieren und möglichst zeitnah mit der Therapie zu beginnen. „Wenn die Haut deutlich schuppt, können wir Hautschuppen für die Untersuchung nutzen. Weil die Pilzinfektion aber häufig ein bisschen tiefer – im Bereich der Haarfollikel – sitzt, ziehen wir ein paar Haare mit der Wurzel aus. Sonst kann es passieren, dass man nur oberflächlich an den Schuppen kratzt und den Pilz gar nicht richtig erfasst“, erklärt Dr. Luisa Bopp, Funktionsoberärztin und Leiterin des Mykologie-Labors in der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie an der Uniklinik Köln.

Zuerst wird mit Hilfe eines Mikroskops untersucht, ob bereits typische Pilzelemente erkennbar sind. Anschließend wird eine Kultur angelegt – und abgewartet, ob der Pilz wächst. „Nach ungefähr drei Wochen kann man den in der Kultur gewachsenen Pilz mit dem bloßen Auge erkennen, unter dem Mikroskop klassifizieren und die Diagnose stellen“, sagt die Hautärztin.

Schneller, aber auch teurer ist ein PCR-Test. „Wenn das klinische Bild eindeutig ist und der Patient obendrein berichtet, dass er sich zuvor in einem Barbershop den Bart oder die Haare frisieren lassen hat, beginnen wir in der Regel schon mit der Therapie, bevor wir einen Erregernachweis haben“, sagt Pilzexpertin Bopp.

Wie wird der Hautpilz Trichophyton tonsurans behandelt?

Ist der Pilz erkannt, lässt er sich gut behandeln. „Wir verschreiben Lösungen oder Cremes und Shampoos, die pilztötend wirken“, erklärt die Kölner Hautärztin. „Zusätzlich verordnen wir auch Antipilz-Tabletten, da man mit den Cremes und Lotionen die tiefen Haarfollikel nicht zuverlässig erreicht.“

Leider gibt es keine Medikamente, die auch für Kinder zugelassen sind. „Da müssen wir die Dosis dem Körpergewicht anpassen, arbeiten also sozusagen im Off-Label-Bereich.“ Arzt oder Ärztin werden die Eltern dann besonders genau über mögliche Risiken aufklären. Aber laut Bopp vertragen auch Kinder die Therapie in der Regel sehr gut.

Dennoch sind regelmäßige Untersuchungen notwendig. „Um unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden, schauen wir uns vor und während der Therapie die Nieren- und Leberwerte an“, erklärt Dr. Laura Susok, Direktorin der Hautklinik am Klinikum Dortmund.

Nach etwa einer Woche Behandlung gelten die Betroffenen als nicht mehr ansteckend. Dennoch dauert die Therapie meist einige Wochen. „Wenn die Beschwerden abgeklungen sind, führen wir noch einmal einen Erregernachweis durch. Erst wenn der negativ ist, setzen wir die Medikamente ab“, sagt Expertin Susok.

Wie wird Trichophyton tonsurans übertragen?

Der Hautpilz Trichophyton tonsurans ist hochansteckend. „Beim sogenannten Undercut kommt es durch die Rasur zu kleinen Verletzungen, Mikrotraumen, wie wir das nennen. Werden die Rasierklingen nicht ausreichend gereinigt, kann es zur Übertragung der Pilzsporen kommen“, erklärt Hautärztin Susok.

Bereits 2020 hat ein Forscherteam aus Duisburg durch eine Untersuchung bestätigt, dass eine Übertragung von Trichophyton tonsurans auch durch kontaminierte Haarschneidegeräte möglich ist. Dieser Infektionsweg wurde erstmals in Afrika entdeckt und wird nun auch in Deutschland beobachtet.

Aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr müssen im Falle einer Infektion auch zu Hause unbedingt strenge Hygienemaßnahmen eingehalten werden. „Kopfkissenbezüge und Handtücher sollten zum Beispiel täglich gewaschen; Bürsten oder Kämme nicht gemeinsam genutzt werden“, sagt Susok. „Wir sehen häufig Eltern oder Geschwisterkinder, die sich angesteckt haben.“ Eine Übertragung kann direkt, also über Körperkontakt, aber auch indirekt über Pilz-besiedelte Gegenstände erfolgen.

Wie häufig infizieren sich Menschen bei einem Besuch im Barbershop mit Hautpilz?

Leider gibt es bislang keine offiziellen Zahlen, wie häufig Hautpilz-Infektionen nach Barbershop-Besuchen auftreten, da Trichophyton tonsurans nicht meldepflichtig ist. Derzeit nehmen aber viele Ärztinnen und Ärzte in Deutschland einen deutlichen Zuwachs wahr.

„Wir sehen das seit etwa einem Jahr massiv in unseren Sprechstunden“, sagt Laura Susok aus Dortmund. In der Kölner Uniklinik hat man gerade damit begonnen, die Zahlen auszuwerten – das Ergebnis steht noch aus. Die Hautärzte der Uniklinik Erlangen haben sich aufgrund der Häufung dazu entschlossen, die Fälle – auch wenn keine Meldepflicht besteht – beim Gesundheitsamt anzuzeigen. „Bei uns haben sich die Fälle mit Trichophyton tonsurans mehr als verzehnfacht. Daher hoffen wir, dass nun entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, die zu einer Rückläufigkeit führen“, sagt Oberärztin Wörl.

Die Gesundheitsämter reagieren bereits. Dr. Holger Scharlach, Pressesprecher des Niedersächsischen Landesgesundheitsamts erklärt: „Barbershops können per Gesetz durch das Gesundheitsamt infektionshygienisch überwacht werden. Wenn es Hinweise auf ein hier ausgelöstes Infektionsgeschehen gibt, sollten anlassbezogene Begehungen durch die örtlichen Gesundheitsämter erfolgen.“ Auch in anderen Bundesländern wurden bereits Kontrollen durchgeführt.

Worauf sollte man achten, wenn man zum Friseur oder Barber geht?

Um die Hygiene in Friseursalons zu gewährleisten, hat die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) einen Reinigungs- und Desinfektionsplan erstellt. Der empfiehlt für „Messer zum Rasieren auf der Haut“ folgende Maßnahmen: „Nur Einwegklingen verwenden und diese nach der einmaligen Verwendung entsorgen, wiederverwendbare Gerätschaften zerlegt in Desinfektionslösung einlegen, Einwirkzeit abwarten, mit klarem Wasser abspülen, trocknen.“

Laut Doris Ortlieb, Geschäftsführerin des Landesinnungsverbandes Friseure & Kosmetiker Bayern, lässt sich daran schon ein erstes Merkmal für einen sicheren Friseurbesuch ableiten: „Je nach verwendetem Mittel dauert eine Desinfektion zwischen fünf und fünfzehn Minuten. In Barbershops, in denen die Termine eng getaktet sind, bleibt für eine ausreichende Desinfektion also gar nicht genug Zeit.“

Folgende weitere Punkte sprechen ihrer Erfahrung nach für ein erhöhtes Risiko:

  • Der Inhaber oder die Inhaberin des Betriebes hat keine Meisterausbildung. Die Eintragung in die Handwerksrolle erfolgte auf Grundlage einer Ausnahmeregelung
  • Es werden überwiegend oder ausschließlich un- und angelernte Personen beschäftigt
  • Das Preisniveau ist sehr niedrig
  • Es können keine Termine vereinbart werden
  • Fehlende Informationen über Arbeitsschutz und Hygiene
  • Der Betrieb ist nicht in der Innung oder einer anderen qualifizierten Friseurvereinigung organisiert

„Vielen Barbershop-Betreibern und ihren un- oder angelernten Mitarbeitern fehlen die notwendigen Kenntnisse, wie man die Geräte desinfiziert“, sagt Doris Ortlieb. „Wer es vor allem billig haben will, kann leider nicht erwarten, dass er dann eine hervorragende Leistung und ein hohes Hygieneniveau bekommt.“


Quellen:

  • Kermani F, Moosazadeh M, Hosseini S A et al.: Tinea Gladiatorum and Dermatophyte Contamination Among Wrestlers and in Wrestling Halls, A Systematic Review and Meta-analysis. In: Current Microbiology 26.11.2019, 77: 602-611
  • Pilz J F, Köberle M, Kain A et al. : Increasing incidence of Trichophyton tonsurans in Munich, A single-centre observation. In: Mycoses 30.12.2022, 66: 441-447
  • Müller V L, Kappa-Markovi K, Hyun J et al. : Tinea capitis et barbae caused by Trichophyton tonsurans, A retrospective cohort study of an infection chain after shavings in barber shops. In: Mycoses 20.12.2020, 64: 428-436
  • Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW): Hygiene im Friseursalon, Reinigungs- und Desinfektionsplan. Leitlinie: 2024. Online: https://www.bgw-online.de/... (Abgerufen am 11.07.2024)

  • Mayser P et al., : Tinea capitis, S1-Leitlinie. Leitlinie: 2019. AWMF Leitlinien-Register: https://onlinelibrary.wiley.com/... (Abgerufen am 11.07.2024)