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Wie kann man eine Panikattacke erkennen?

Eine Panikattacke äußert sich durch eine plötzliche und intensive Angst, die oft ohne erkennbaren Auslöser auftritt. Die Symptome können sowohl körperlicher als auch psychischer Natur sein und erreichen meist innerhalb weniger Minuten ihren Höhepunkt. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

Körperliche Symptome

  • Herzrasen oder Herzklopfen: Ein stark beschleunigter Herzschlag ist typisch.
  • Atemnot: Betroffene fühlen sich oft, als könnten sie nicht genug Luft bekommen oder als würden sie ersticken.
  • Schwindel oder Benommenheit: Viele erleben ein Gefühl der Ohnmacht oder Schwindel.
  • Zittern oder Schütteln: dieses tritt oft unkontrolliert aus.
  • Hitzewallungen oder Schweißausbrüche: plötzliche Wärmegefühle, oft begleitet von starkem Schwitzen.
  • Brustschmerzen: Ein beklemmendes Gefühl in der Brust kann ebenfalls auftreten.
  • Übelkeit oder Bauchschmerzen: Magen-Darm-Beschwerden sind häufig.
  • Taubheit oder Kribbeln: Vor allem in den Gliedmaßen kann ein Kribbeln oder Taubheitsgefühl auftreten.

Psychische Symptome

  • Intensive Angst: Ein überwältigendes Gefühl von Angst oder Furcht, oft mit dem Gefühl, die Kontrolle zu verlieren oder verrückt zu werden.
  • Todesangst: Viele Betroffene fürchten, dass sie sterben könnten.
  • Depersonalisation oder Derealisation: Das Gefühl, sich selbst oder die Umgebung als fremd oder unwirklich wahrzunehmen.

Tückisch bei der Panikattacke: Verschiedene andere Erkrankungen können ähnliche Symptome hervorrufen. „Da kommt zum Beispiel eine Unterzuckerung infrage oder eine Überzuckerung, es können auch asthmatische Beschwerden, allergische Reaktionen oder Schildrüsenfunktionsstörungen ähnliche Körperreaktionen auslösen“, erklärt Prof. Peter Zwanzger, Ärztlicher Direktor und Chefarzt im Bereich Allgemeinpsychiatrie und Psychosomatische Medizin am kbo-Inn-Salzach-Klinikum Wasserburg.

Doch anders als bei körperlichen Beschwerden lassen sich die Symptome bei einer Panikattacke häufig durch beruhigendes Einwirken nach zwei oder drei Minuten lindern. In einigen Fällen kann die Panikattacke auch bis zu 30 Minuten dauern. „Aber sie dauert keine Stunde. Dann liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit etwas anderes vor“, erklärt der renommierte Angst-Forscher.

Warum wird eine Panikattacke häufig für einen Herzinfarkt gehalten?

Angst, Atemnot, Übelkeit, Schwindelgefühl, das sind die typischen Symptome eines Herzinfarktes – aber eben auch die einer Panikattacke. Viele – vor allem die Betroffenen selbst – fürchten in einer solchen Situation daher einen Herzinfarkt.

„Es gibt aber durchaus Unterschiede, durch die man eine Panikattacke von einem Herzinfarkt unterscheiden kann: Treten starke Schmerzen auf? Sitzt der Schmerz mehr in der Mitte der Brust? Mit welchen Symptomen geht das Ereignis sonst noch einher? Gibt es Risikofaktoren für eine Herzerkrankung?“, zählt PD Dr. Miriam Schiele, Angstforscherin und Leitende Psychologin an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Freiburg, auf.

Gleichzeitig räumt die Psychologin ein, dass es für medizinische Laien extrem schwierig ist, zu unterscheiden, ob es nun Symptome einer Panikattacke sind oder eine körperliche Ursache dahintersteckt. „Daher stellen sich sehr viele Personen, die zum ersten Mal eine Panikattacke erleben, in einer Notaufnahme oder bei ihrem Hausarzt vor – und das ist auch richtig“, sagt die Expertin. Im Zweifel sollten Betroffene also den Notruf wählen und die Beschwerden abklären lassen.

Was passiert bei einer Panikattacke im Körper?

Eine Panikattacke ist eine intensive Alarmreaktion des Körpers und der Psyche. Das Gehirn signalisiert Gefahr, obwohl keine reale Bedrohung vorliegt. In der Folge werden Stresshormone ausgeschüttet, die eine Kaskade von Mechanismen auslösen: Die Muskulatur spannt sich an, die Atmung wird schneller, der Herzschlag wird beschleunigt.

„Entwicklungsgeschichtlich ist das tief verankert und durchaus sinnvoll. Dadurch sind wir in der Lage, sofort loszulaufen, zu fliehen oder zu kämpfen“, erklärt Prof. Zwanzger. „Wird dieses Alarmsignal allerdings – wie bei einer Panikattacke – falsch gesetzt, ist das ein Problem.“ Dann spüren die Betroffenen Todesangst, sie schwitzen, zittern, haben starke Druck- oder Beklemmungsgefühle in der Brust oder das Gefühl einer drohenden Ohnmacht. „Die Symptome sind so extrem, dass die Betroffenen in dem Moment Angst haben, die Kontrolle zu verlieren, verrückt zu werden oder einen Herzinfarkt zu erleiden“, sagt Dr. Schiele.

Tatsächlich ist eine Panikattacke in der Regel ungefährlich. Zudem ist sie selbstlimitierend: Irgendwann tritt eine Erschöpfungsreaktion ein – und der Alarm wird sozusagen wieder deaktiviert.

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Wodurch kann eine Panikattacke ausgelöst werden?

Panikattacken können im Kontext von plötzlichen, schweren körperlichen Erkrankungen auftreten – zum Beispiel infolge einer Lungenembolie, eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls. Sie können aber auch isoliert auftreten.

Was genau die Ursache für das Entstehen einer Panikattacke ist, hat die Forschung noch nicht ganz verstanden. „Man kann sagen: Je mehr wir forschen, desto mehr merken wir, dass wir noch immer viel zu wenig wissen“, sagt Prof. Zwanzger. „Bislang haben wir drei relevante Faktoren ausgemacht, die dazu führen, dass man anfällig ist für die Entwicklung einer krankhaften Angst“, so der Experte.

  1. Der erste ist der neurologische Faktor. Das Furchtnetzwerk im Gehirn ist überempfindlich, was möglicherweise auch genetisch bedingt ist.
  2. Die genetische Komponente macht den zweiten Faktor aus. „Diese Überempfindlichkeit kann dazu führen, dass schon normale oder unterschwellige Reize eine Panikattacke auslösen können“, erklärt Prof. Zwanzger.
  3. Dazu kommt eine psychologische Komponente. Der Angst-Forscher erklärt: „Das heißt, wir können diese biologische Überempfindlichkeit haben, aber ohne Lebensbelastung, ohne Stress, könnte es sein, dass diese Überempfindlichkeit lebenslang in uns schlummert und nie zum Tragen kommt.“

Prof. Zwanzger: „Es führen immer mehrere Faktoren dazu, das Fass am Ende zum Überlaufen zu bringen.“

Was hilft bei einer Panikattacke im Akutfall?

„Die erste Panikattacke ist für die Menschen entsetzlich, enorm dramatisch. Sie sind sich sicher, dass es etwas Körperliches ist“, beschreibt Prof. Zwanzger die Gefühle der Betroffenen. „Sie haben keinerlei Kontrolle über die Symptome.“ Deshalb ist es wichtig, zu wissen: Es gibt sehr viele Strategien, die bei einer Panikattacke kurzfristig helfen können.

  • Hilfreich können Atemübungen sein, bei denen die Betroffenen die Atemzüge zählen oder zwischendrin für eine gewisse Sekundenanzahl die Luft anhalten.
  • Eine andere Möglichkeit ist es, die Aufmerksamkeit von innen, also von den Symptomen weg, nach außen zu richten, indem man beispielsweise versucht, die verschiedenen Sinne anzusprechen: Was sehe ich gerade? Entdecke ich etwas Grünes, Rotes oder Blaues? Was kann ich hören, schmecken, fühlen? Wie fühlt sich der Stuhl an, auf dem ich sitze?
  • Vielen hilft es auch, sich äußere Reize zu setzen, sich zum Beispiel vor den Kühlschrank zu stellen oder einen Eiswürfel in die Hand zu nehmen oder in den Nacken zu legen oder das Gesicht in kaltes Wasser zu tauchen.
  • Ein weiterer Tipp vom Experten: „Hat ein Betroffener schon einmal eine Panikattacke erlebt, ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, dass das nichts Gefährliches ist“, sagt Prof. Zwanzger.

Wie können Außenstehende bei einer Panikattacke helfen?

„Außenstehende können beruhigend auf die Betroffenen einwirken, indem sie den Patienten abschirmen, die Kleidung lockern, eine bequeme Sitz- oder Liegeposition finden“, empfiehlt Prof. Zwanzger. Auch gemeinsame Atemübungen können im Akutfall unterstützen. Hilfreich ist alles, was das Stressempfinden reduziert.

Psychologin Schiele warnt: „Wichtig ist, dass man die Person nicht einengt, sie also zum Beispiel nicht an den Schultern packt und fragt, was los ist.“ Sie erklärt aber auch, dass viele Panikattacken von außen nicht wahrnehmbar sind. „Dann ist man darauf angewiesen, dass die Betroffenen um Hilfe bitten.“

Bin ich psychisch krank, wenn ich eine Panikattacke hatte?

Etwa jeder fünfte Mensch erleidet einmal in seinem Leben eine Panikattacke. Diese kann spontan und einmalig, aber auch im Rahmen von anderen psychischen Erkrankungen wie einer Depression oder Angsterkrankung auftreten. „Eine einmalige Panikattacke ist also sehr unangenehm, aber keine Krankheit“, erklärt Prof. Zwanzger und warnt: „Daraus kann aber durchaus eine Krankheit entstehen – und das ist die Panikstörung.“

Dann entwickeln die Betroffenen so viel Angst vor der nächsten Panikattacke, dass sie sich zurückziehen, beispielsweise nicht mehr das Haus verlassen oder keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen.

Wann sollten Betroffene über eine Therapie nachdenken?

Nicht jeder benötigt nach einer Panikattacke zwangsläufig psychologische Unterstützung. Die Notwendigkeit einer Therapie hängt sehr vom persönlichen Empfinden ab. „Einige sagen: ‚Das wird sicher nicht noch einmal vorkommen.‘ Anderen geht ihr Erlebnis sehr nah und sie entwickeln eine große Angst, dass es wieder auftreten könnte. Diesen Menschen empfehle ich dann schon, sich einen Beratungstermin geben lassen“, sagt Prof. Zwanzger. Ein entscheidendes Kriterium ist also der Leidensdruck der Betroffenen.

„Wir erleben hier beispielsweise Patienten, die nach einer Panikattacke im Bus Probleme haben, mit dem Bus zu fahren – aus Angst, eine erneute Panikattacke zu erleben“, erzählt Sina Hötzer, Psychotherapeutin und Leitende Psychologin im Fachzentrum für Psychiatrie und Psychotherapie in der Schön Klinik Hamburg Eilbek. „Andere haben massive Probleme damit, sich im Supermarkt in lange Warteschlangen zu stellen.“

Dieser Leidensdruck, ausgelöst durch eine große Erwartungsangst, also einer Angst vor der Angst, kann zu einer deutlichen Beeinträchtigung der Lebensqualität führen. Depressive Erkrankungen können die Folge sein. Wer ein solches Vermeidungsverhalten an sich beobachtet, sollte sich unbedingt therapeutische Hilfe suchen.

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Wie behandelt man Panikattacken langfristig?

Langfristig beruht die Behandlung einer Panikstörung auf zwei Säulen: Die Leitlinie empfiehlt die Einnahme bestimmter Antidepressiva, die sich auch in der Behandlung von Angsterkrankungen als sehr wirksam erwiesen haben. Außerdem hilft eine Psychotherapie, vor allem die kognitive Verhaltenstherapie.

Ein wichtiger Teil ist die sogenannte Exposition. Die Therapeuten bringen die Betroffenen ganz gezielt in Situationen, in denen die Panikattacken auftreten. Um die eigenen Ängste bewältigen zu können, müssen sich die Betroffenen mit ihnen auseinandersetzen.

„Als Vorbereitung besprechen Therapeut und Patient zum Beispiel ganz genau: Was könnte passieren, wenn ich zum Beispiel mittags um 12 Uhr auf den Marktplatz gehe, wo wirklich die Hölle los ist?“, erklärt Dr. Schiele. „Und im Anschluss wird diese Situation dann aufgesucht und die Befürchtung überprüft. Es geht immer darum, die Befürchtung zu widerlegen.“

Wie verläuft eine Exposition im Rahmen einer Verhaltenstherapie bei Panikattacken?

Die Betroffenen werden bei einer Exposition von ihren Therapeuten durch die für sie schwierige Situation begleitet. Anders, als wenn sie alleine sind, kommen hier keine Atemübungen oder andere Verfahren zum Einsatz. Stattdessen sollen die Betroffenen die Angst bewusst wahrnehmen.

„Ich frage meine Patienten dann zum Beispiel, wie stark ihre Angst auf der Skala von eins bis zehn ist und schätze so ein, ob wir den Peak schon überwunden haben, oder ob er noch kommt“, erklärt die Verhaltenstherapeutin Hötzer. „Ich achte auch darauf, dass der Patient kein Vermeidungsverhalten zeigt, also versucht, sich gedanklich abzulenken, sondern tatsächlich mit der Aufmerksamkeit bei seiner Angst bleibt, damit er die Erfahrung macht: Die Angst lässt irgendwann von alleine wieder nach.“

Durch diese Erfahrungen lernen die Betroffenen nach und nach: Ich drehe nicht durch in der Situation, die ganzen schlimmen Befürchtungen treten gar nicht ein.

„Erst reicht der Therapeut dem Patienten die Hand und geht mit ihm die Schritte gemeinsam“, beschreibt Dr. Schiele dieses Verfahren. „Und irgendwann übernimmt der Patient das immer mehr in Eigenregie, macht diese Erfahrungen auch außerhalb der Therapie bis er merkt: Nicht die Angst kontrolliert ihn, sondern er schafft es, seine Angst zu kontrollieren.“

Es geht dabei übrigens nicht nicht darum, komplett angstfrei zu werden. „Die Angst ist schließlich ein wichtiges Gefühl“, sagt Angstforscherin Dr. Schiele. „Vielmehr geht es darum, die Angst bewältigbar zu machen.“


Quellen:

  • Bandelow B, Wiltink J, Alpers G et al: S3-Leitlinie Behandlung von Angststörungen. Leitlinie: 2014. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften: https://register.awmf.org/... (Abgerufen am 27.08.2024)

  • Schiele M, Domschke K: Epigenetics at the crossroads between genes, environment and resilience in anxiety disorders. Genes, Brains and Behavior: https://onlinelibrary.wiley.com/... (Abgerufen am 27.08.2024)
  • Kessler R, Chiu W, Jin R: The Epidemiology of Panic Attacks, Panic Disorder, and Agoraphobia in the National Comorbidity Survey Replication. Jama Network: https://jamanetwork.com/... (Abgerufen am 27.08.2024)
  • Craske M, Stein M, Eley T et al: Anxiety disorders. nature.com: https://www.nature.com/... (Abgerufen am 04.05.2017)