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Was sagt der Gesetzgeber?

Obwohl Babys und Kleinkinder den Wunsch nach Ohrschmuck nicht selbst äußern können, ist das Stechen von Ohrlöchern in diesem Alter gesetzlich nicht verboten. Das Einverständnis der Kinder wird durch die Einwilligung der Eltern ersetzt. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen (bvkj) fordert allerdings, diese Regelung zu ändern und das Stechen von Ohrlöchern bei jüngeren Kindern gesetzlich zu verbieten. Auch Dr. Irena Neustädter, Allergologin und Oberärztin an der Diakoneo Cnopfschen Kinderklinik in Nürnberg, warnt: „Das Ohrlochstechen selbst bereitet den kleinen Kindern Schmerzen. Nicht zuletzt deshalb verletzt das aus meiner Sicht auch die körperliche Unversehrtheit des Kindes.“

Welche Risiken gibt es beim Ohrlochstechen im Kleinkindalter?

Dr. Tanja Brunnert, Kinder- und Jugendärztin in Göttingen und Pressesprecherin des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzt*innen (bvkj), rät davon ab, in den ersten Lebensmonaten und -jahren Ohrlöcher zu stechen. Die häufigste Komplikation sei eine lokale Entzündung. „Die Kinder spielen an den Ohrringen herum, sie oder ihre Spielkameraden reißen daran, sie bleiben hängen“, sagt Brunnert. Die Folge: Die Haut reißt ein, es entstehen Wunden und Entzündungen. Die Gefahr ist umso größer, je länger der Schmuck ist. Ein weiteres Risiko: Wenn sich die Ohrringe lösen, können Kinder sie in den Mund nehmen und verschlucken. „Das kann lebensgefährlich sein.“

Allergologin Neustädter warnt zudem vor Allergien: „Insbesondere Nickel kann allergische Reaktionen hervorrufen. Selbst wenn man Ohrstecker wählt, die als ‚nickelfrei‘ gekennzeichnet sind, kann man Allergien nicht hundertprozentig ausschließen – meist sind auch hier Spuren von Nickel oder ähnlichem enthalten.“

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Wann ist das „richtige” Alter?

Im Säuglingsalter ist das Risiko von Infektionen und anderen Komplikationen besonders hoch. Später, im Kita-Alter, kann das Ohrlochstechen zu einem traumatischen Erlebnis werden, an das sich die Kinder auch später erinnern. „Etwa ab 14 Jahren kann man den Kindern die Entscheidung selbst überlassen“, sagt Allergologin Neustädter.

Was ist beim Ohrlochstechen zu beachten?

Wer sich trotz der Risiken für Ohrlöcher entscheidet, sollte sich eine Arztpraxis oder ein professionelles Tattoo-Studio suchen, in denen das Ohrlochstechen unter hygienischen Bedingungen durchgeführt wird. Doch die sind schwer zu finden. „Die meisten Kinderärzte und Dermatologen bieten kein Ohrlochstechen an und viele Tattoo-Studios haben ein Mindestalter, das meist bei 14 Jahren oder darüber liegt“, sagt Allergologin Neustädter.

Eltern sollten auf Materialien achten, die als „nickelfrei“ gekennzeichnet sind. „Wer das Allergierisiko so gering wie möglich halten möchte, sollte Ohrringe aus reinem Titan oder hochwertigen Gold- oder Silberschmuck wählen“, sagt Neustädter. Allerdings bestehe auch dann die Gefahr von Infektionen und Hautschäden.

Wie pflegen Eltern Ohrlöcher von Kindern am besten?

Grundsätzlich sollten die Ohrringe für Kleinkinder so klein sein, dass die Kinder sie schlecht greifen können. Das reduziert das Risiko, dass die Kinder sie herausreißen und damit die Ohren verletzen oder sie in den Mund nehmen und verschlucken. In den ersten Tagen nach dem Ohrlochstechen kann ein desinfizierendes Spray helfen, das Infektionsrisiko gering zu halten. Ob man die Ohrringe nach dem Stechen bewegen soll oder nicht, dazu gibt es laut Neustädter unterschiedliche Empfehlungen.