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Warum verwendet man Mundspüllösungen?

Mundspülungen haben den Ruf, desinfizierend zu wirken – und ein Stück weit tun sie das auch. Die Corona-Pandemie war für manche Menschen daher ein Anlass, vermehrt Mundspüllösungen zu verwenden, was auch von der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene empfohlen wurde.[1] Zudem können Mundspüllösungen vorübergehend für einen frischen Atem sorgen.

Grundsätzlich aber sollten Mundspüllösungen vor allem bei einem konkreten Anlass eingesetzt werden: „In der Regel wird der Einsatz von Mundspülungen nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehend empfohlen: bei bakteriellen Entzündungen etwa können medizinische Mundspülungen wie Chlorhexidin kurzzeitig unterstützend zum Einsatz kommen“, sagt Professor Falk Schwendicke, Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie am LMU Klinikum München.

Welche Erkenntnisse über Mundspülungen bringt die neue Studie?

Die im Fachmagazin „Journal of Medical Microbiology“ erschienene Studie untersucht den Einfluss der alkoholhaltigen Mundspülung „Listerine Cool Mint“ auf das Mikrobiom im Mund.[2] Das sogenannte Mikrobiom ist vor allem aus dem Darm bekannt. Es sind die Bakterien, Viren und Pilze, die im Körper und auf der Haut des Menschen leben und dort wichtige Aufgaben erfüllen. Auch im Mund gibt es ein Mikrobiom, die dort siedelnden Bakterien können etwa vor schädlichen Erregern schützen.

An der aktuellen Studie nahmen 59 Probanden teil, ein Teil von ihnen verwendete drei Monate täglich die Mundspüllösung. Zu Beginn der Anwendung und danach wurde jeweils mithilfe von Abstrichen die Verbreitung bestimmter Bakterienstämme in der Mundhöhle erfasst. Das Ergebnis: Nach der täglichen Nutzung der Mundspüllösung kamen besonders zwei Bakterienarten – Fusobakterium nucleatum und Streptococcus anginosus – vermehrt vor.

„Die Studie ist zwar recht klein, daher wird hier weiter geforscht werden müssen. Aber sie liefert Hinweise, dass eine alkoholhaltige Mundspüllösung das Mikrobiom im Mund verändern könnte“, sagt Schwendicke. Und da das Mikrobiom nicht nur im Darm, sondern auch im Mund Einfluss auf zahlreiche Stoffwechselvorgänge im Körper habe, könnte dies wiederum zahlreiche Folgen haben. „Ob das Gesundheitsrisiken oder andere Veränderungen mit sich bringt, muss aber ebenfalls noch weiter beforscht werden“, sagt Schwendicke.

Bedeutet dies, dass die untersuchte Mundspüllösung krebserregend ist?

Beide vermehrt gefundenen Bakterienarten kommen zwar natürlich in der Mundhöhle vor, aber wenn sie mengenmäßig überhandnehmen, gilt das eher als ungünstig, denn sie stehen teilweise in Verdacht, die Entstehung von Parodontitis zu begünstigen und das Risiko für die Entstehung von Speiseröhren- und Magenkrebs leicht zu erhöhen.

Doch insbesondere an der Entstehung von Krebs sind sehr viele Faktoren beteiligt. Zudem handelt es sich bislang nur um einen Verdacht – selbst wenn er sich bewahrheiten sollte, dürfte der Einfluss auf das Krebsrisiko sehr gering sein. Daher braucht sich niemand, der regelmäßig Mundspüllösungen verwendet, Sorgen wegen Krebs zu machen. „Die neue Studie hat nur den Einfluss der Mundspüllösung auf das Mikrobiom im Mund untersucht. Aus ihr lässt sich nicht direkt ein erhöhtes Krebsrisiko durch Mundspüllösungen ableiten“, sagt Schwendicke.

Welche Rolle spielt es, ob die Mundspüllösung alkoholhaltig ist?

Ob der Alkoholgehalt einer Mundspülung eine Rolle für den Einfluss auf das Mikrobiom spielt, lässt sich nicht sicher sagen. Es gibt aber verschiedene andere Studien, die zeigen, dass Alkohol – auch in Mundspüllösungen – das Risiko für die Entstehung sogenannter Präkanzerosen, das sind Vorstufen von Krebs, in der Mundhöhle leicht erhöht.[3] Schwendicke empfiehlt daher: „Wenn Mundspüllösung, dann am besten ohne Alkohol – das ist nach dem bisherigen Kenntnisstand die bessere Wahl.“

Benötigt man überhaupt eine Mundspüllösung?

Entscheidend für eine gute Mundhygiene ist die regelmäßige und richtige Zahnpflege – Zähneputzen, sowie einmal täglich Zahnseide verwenden – und eine ausgewogene und gesunde Ernährung. Bei Mundspüllösungen kann sich der Einsatz auf eine eher kurze Zeit beschränken, wenn dies vom Zahnarzt oder der Zahnärztin empfohlen wird. „Angesichts der Befunde der neuen Studie und anderer Studien ist es sicher nicht verkehrt, künftig insbesondere alkoholhaltige Mundspüllösungen etwas zurückhaltender einzusetzen“, sagt Falk Schwendicke aus München.


Quellen:

  • [1] Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene: Prävention von COVID-19 durch viruzides Gurgeln und viruziden Nasenspray – aktualisierte Fassung April 2022. https://www.krankenhaushygiene.de/... (Abgerufen am 18.07.2024)
  • [2] Laumen JGE, Van Dijck C, Manoharan-Basil SS et al.: The effect of daily usage of Listerine Cool Mint mouthwash on the oropharyngeal microbiome: a substudy of the PReGo trial. In: Journal of Medical Microbiology: 04.06.2024, https://doi.org/...
  • [3] Ustrell-Borràs M, Traboulsi-Garet B, Gay-Escoda C: Alcohol-based mouthwash as a risk factor of oral cancer: A systematic review. In: Medicina Oral, Patología Oral y Cirugía Bucal: 27.10.2019, https://doi.org/...