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Prof. Dr. med. Attila Altiner ist Facharzt für Allgemeinmedizin und Ärztlicher Direktor der Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung am Universitätsklinikum Heidelberg. Er berichtet:

„Bitte sagen Sie mir frei heraus, was Sie auf dem Herzen haben!, sagte ich zu dem Apotheker, der so merkwürdig am Telefon herumdruckste. Ob ich dem Patienten tatsächlich ein zweites Antidepressivum verschreiben wolle, fragte er schließlich. Es ging um einen Patienten in den 50ern, der zuvor bei mir im hausärztlichen MVZ der Universitätsmedizin Rostock gewesen war.

„Die Doppelmedikation hätte keine Katastrophe bedeutet“

Er war verzweifelt, litt unter Schmerzen und Erschöpfung und hatte die Symptome einer Depression. Nach gemeinsamer Diskussion verschrieb ich ihm den Wirkstoff Citalopram. Als der Herr K. das Medikament abholen wollte, fiel dem Apotheker auf, dass er bereits ein anderes Antidepressivum nahm. Die Doppelmedikation hätte in diesem Fall keine Katastrophe bedeutet, wäre aber unsinnig gewesen. Ich hatte schlicht vergessen nachzufragen, welche anderen Medikamente ihm schon verschrieben worden waren.

Ich bedankte mich bei dem Apotheker: Was für ein Glück, dass er so aufmerksam war! Er war froh über meine Reaktion. Es sei ihm häufiger passiert, dass Ärzte das Nachhaken als unangemessenes Einmischen empfunden hätten. Bei diesem Fehler vor zehn Jahren funktionierte das Sicherheitsnetz. Doch ich mache mir Sorgen wegen der unentdeckten Fehler, die ich gemacht habe oder noch machen werde. Der Vorfall hat mich als Arzt und Wissenschaftler sensibilisiert, es folgten mehrere Forschungsprojekte zur Zusammenarbeit von Ärzten und Apothekern.

Patienten fordere ich proaktiv auf, ihre Medikationspläne beim Arzt zu zeigen. Ich wünschte mir, dass der Bundesmedikationsplan ganz einfach und ohne technische Hürden bei jeder Verordnung überall mitgeführt werden könnte.“