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Arzneimittel gehören zum Alltag sehr vieler Menschen. Medikamente haben einen großen Nutzen für die Gesundheit. Bei zahlreichen chronischen Erkrankungen wie zum Beispiel Diabetes sind sie überlebenswichtig. Aber hochwirksame Arzneistoffe bergen auch Risiken. Jede Arzneimitteltherapie ist deshalb auch ein Risikoprozess. Um Patientinnen und Patienten zu schützen, arbeiten wir Apothekerinnen und Apotheker eng mit den Ärztinnen und Ärzten zusammen.

Apotheken ermöglichen sichere Arzneimitteltherapie

Die Apotheken vor Ort sind vom staatlichen Auftrag her weit mehr als nur „Abgabestationen“ für Medikamente. Hier sprechen Patientinnen und Patienten mit Expertinnen und Experten über ihre individuell benötigten Arzneimittel. Überprüft wird auch, ob auf dem Rezept genau das Mittel vermerkt wurde, das der Arzt oder die Ärztin tatsächlich verordnen wollte.

Ebenso erkennen wir Apothekerinnen und Apotheker, ob die Dosis stimmt und das Einnahme-Schema bekannt ist. Das Vier-Augen-Prinzip zwischen den Teams in den Arztpraxen einerseits und denen in den Apotheken andererseits hat sich bewährt, um Fehler in der Medikation möglichst zu verhindern. Die Apotheken vor Ort bilden somit eine Art Schutzschirm für eine sichere Arzneimitteltherapie.

Das gilt auch mit Blick auf die rezeptfreien Medikamente. Denn: Alle Arzneimittel können Nebenwirkungen haben. Nimmt man mehrere gleichzeitig ein, steigt zudem das Risiko für Wechselwirkungen. Die Apotheke kennt oft alle Medikamente, die ein Patient oder eine Patientin einnimmt. Ärztinnen und Ärzte hingegen wissen in der Regel nicht, welche Arzneimittel sich die Versicherten selbst rezeptfrei kaufen.

Gerade diese verschreibungsfreien Mittel werden aber häufig in ihrer Wirkung unterschätzt, auch mögliche Wechselwirkungen mit verordneten Medikamenten sind den Patientinnen und Patienten oft nicht bekannt. Seit rund zwei Jahren ist das sogenannte Medikationsmanagement daher eine pharmazeutische Dienstleistung. Wer fünf oder mehr rezeptpflichtige Arzneimittel braucht, bekommt in den Apotheken vor Ort einen Medikationscheck – bezahlt von der Krankenkasse.

„Scheinapotheken“ bergen viele Risiken

Vor diesem Hintergrund sind die jüngsten Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gefährlich. Er möchte Filialen erlauben, in denen nicht zwingend immer ein Apotheker oder eine Apothekerin anwesend sein muss. Stattdessen soll es ausreichen, wenn pharmazeutisch-technische Assistentinnen und Assistenten – kurz PTA – vor Ort sind. Sie könnten dann bei Bedarf einen Apotheker oder eine Apothekerin per Video zuschalten.

Um eines klarzustellen: PTA sind gut ausgebildet und in den Apotheken hochgeschätzt. Einige Aufgaben, wie zum Beispiel das Impfen oder die Medikationsanalyse, dürfen sie laut Gesetz aber nicht übernehmen, andere nur unter Aufsicht des Apothekers oder der Apothekerin.

Warum also reicht es nicht aus, wenn ausschließlich PTA in der Apotheke sind? Stellen Sie sich vor, bei Ihnen würde Diabetes diagnostiziert. Aber es gibt in Ihrer Nähe nur eine Pseudo-Arztpraxis, in der ausschließlich Pflegekräfte arbeiten, aber keine Ärztin und kein Arzt. Die Pflegekräfte wären angehalten, bei Problemen – und sie müssten selbst entscheiden, wann es ein Problem gibt – via Internet bei einer Ärztin oder einem Arzt in der nächsten Stadt nachzufragen. Diese Ärztin oder dieser Arzt wäre für viele Pflegekräfte zuständig, entsprechend käme es zu Wartezeiten. Würden Sie gerne warten, bis die Videoanfrage der Pflegekraft beantwortet ist, um zu erfahren, wie es mit Ihrer Therapie weitergeht?

Mehr Verantwortung den Apotheken übertragen

Klar ist: In diesem glücklicherweise hypothetischen Versorgungsmodell hätten Sie als Patient oder Patientin keinen direkten Kontakt mit einem Mediziner oder einer Medizinerin. Ich bin mir sicher, diese Art der Versorgung birgt viele Gefahren und das will niemand. Vergleichbar wäre es, wenn in den Apotheken nur PTA arbeiten würden. Um es plakativ zu formulieren: Das gesamte und unverzichtbare Leistungsspektrum der Apotheke gibt es nur mit einer Apothekerin oder einem Apotheker vor Ort – alles andere wären Scheinapotheken mit Leistungskürzungen und Qualitätseinbußen für die Bevölkerung.

Wir Apothekerinnen und Apotheker wollen gerne mehr Verantwortung für die wohnortnahe und sichere Versorgung tragen. Zum Beispiel für eine unbürokratischere Versorgung unserer Patientinnen und Patienten bei Lieferengpässen. Wir können uns vorstellen, neue Aufgaben in der Prävention zu übernehmen. Und wir möchten digitale Instrumente gerne stärker zum Einsatz bringen, um die Menschen in der sicheren Einnahme ihrer Medikamente noch besser unterstützen zu können. Wir Apotheken vor Ort setzen uns mit aller Kraft dafür ein, auch weiterhin einen Schutzschirm für die sichere Arzneimitteltherapie unserer Patientinnen und Patienten aufzuspannen.