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Dr. Christiane Groß ist Psychotherapeutin und Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes Wuppertal. Sie berichtet:

„Ich war eine junge Ärztin in Weiterbildung und noch keine Fachärztin. Ich sprang notfallmäßig in einer gynäkologischen Praxis ein. Dort wollte ich einer jungen schwangeren Frau ein Medikament, nämlich Fluorid zur Kariesprävention, verschreiben. Im Anschluss bekam ich einen Anruf aus der Apotheke, um mir mitzuteilen, dass ich den Namen verwechselt hatte. Ich hatte Fluoxetin verschrieben, ein Antidepressivum.

Eine angstfreie Fehlerkultur schaffen

Wahrscheinlich hat das Praxisverwaltungssystem den Namen „falsch vervollständigt“ und ich habe es nicht bemerkt. Noch heute bin ich dankbar, dass dieser Fehler der Apothekerin aufgefallen ist. So konnte ich ein neues Rezept mit der korrekten Medikation ausstellen und der Patientin zukommen lassen. Ich habe mich bei der schwangeren Frau entschuldigt und die Praxisinhaberin informiert. In der Praxis herrschte eine offene Fehlerkultur, sodass ich als Nicht-Fachärztin leicht über Unsicherheiten sprechen konnte.

Der Fall liegt lange zurück, aber er geht mir immer noch nach. Einerseits hat er mich für mögliche Medikamentenverwechslungen sensibilisiert, andererseits ist mir ganz generell klar geworden, dass Fehler passieren können und es wichtig ist, dazu zu stehen. Dafür ist natürlich ein akzeptierendes Umfeld erforderlich, um angstfrei darüber sprechen zu können – denn das ist die Basis der Fehlerkultur. Dies sage ich auch den jungen Ärztinnen und Ärzten in meinen Balint-Gruppen. Das sind Gruppentreffen zur Reflexion und Verbesserung der Arzt-Patienten-Beziehung – ähnlich einer Supervisionsgruppe.“