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Prof. Dr. med. Viktoria Bogner-Flatz ist Ärztliche Leiterin Rettungsdienst München sowie Chefärztin der Zentralen Notaufnahme und Beobachtungsstation der Kreisklinik Ebersberg. Sie berichtet:

„Eine junge Frau mit einer Prellung und Fraktur der Rippen kam in die Notaufnahme. Das tut sehr weh. Daher erhielt sie ein Rezept für das opioidhaltige Schmerzmittel Tramadol. Aufgrund ihres jungen Alters fragte niemand nach einer möglichen Dauermedikation und die Patientin informierte auch nicht proaktiv darüber. Sie nahm aber Antidepressiva. Die Wirkstoffe hätten in Kombination zum lebensbedrohlichen Serotoninsyndrom führen können. Das fiel zum Glück im Nachgang dem Hausarzt auf, sodass außer einer Beschwerde vonseiten der Patientin nichts passierte.

Immer die Grundmedikation abfragen

Ich habe mich intensiv mit dem Fehler beschäftigt, da wir mit dieser Gefahr in der Rettungsstelle täglich konfrontiert sind. Denn im Gegensatz zur stationären Behandlung nutzen wir bei ambulanten Patienten aus Zeitgründen nicht regelmäßig digitale Sicherheitssysteme, die mögliche Arzneimittelinteraktionen prüfen. Umso wichtiger ist eine klare Dienstanweisung, immer die Grundmedikation abzufragen und zu dokumentieren – selbst bei scheinbaren Lappalien wie einem gequetschten Finger.

Den vorliegenden Fall haben wir in der Besprechung behandelt sowie alle Kolleginnen und Kollegen via E-Mail darüber informiert. Jedoch gibt es in der Notaufnahme oft einen hohen Personaldurchsatz, sodass wir Fehler wie diesen nicht ganz ausschließen können.

Deshalb wäre eine automatisierte Lösung wünschenswert, die mit der Hektik des Notfallsettings vereinbar ist – auch angesichts der komplexen Arzneimitteloptionen der modernen Medizin. Zudem sollten Patienten ihre Medikamente selbst kennen und für Wechselwirkungen sensibilisiert werden.“