Logo der Apotheken Umschau

Dr. Martin Allwang ist Apotheker und leitet beim Wort & Bild Verlag in Baierbrunn die pharmazeutisch-fachwissenschaftliche Redaktion. Er berichtet:

„‚Und dann geben Sie mir noch ein Abführmittel‘, sagte die Patientin, nachdem ich ihr schon die vom Arzt verordneten Medikamente aus den Regalen zusammengestellt hatte. Dazu zählte auch ein Herzmittel mit dem Wirkstoff Beta-Acetyldigoxin. Abführmittel können die Nebenwirkungen dieses Präparats verschlimmern, weil der Körper dann über den Darm Kalium verliert.

Deshalb wies ich die Patientin darauf hin, dass sich die verschriebenen Mittel nicht mit dem frei verkäuflichen Abführmittel vertragen. ‚Dann eben nicht’, meinte sie nur kurz angebunden und verließ mit ihren Herzmedikamenten die Apotheke, in der ich damals arbeitete. Vermutlich hat sie sich das Abführmittel einfach woanders besorgt.

Beraten, nicht belehren

Ich wendete in der Situation an, was ich zuvor in meinem Pharmazie-Studium gelernt hatte. Natürlich gibt es die Wechselwirkungen zwischen den Medikamenten tatsächlich. Allerdings gilt das nur, wenn die Patientin das Abführmittel überdosiert und sie dadurch Durchfall bekommen hätte. Doch bei mir blinkte direkt die rote Wechselwirkungslampe. Durch meinen Hinweis fühlte sich die Frau belehrt und nicht beraten. So habe ich die Situation verkorkst, was ich im Rückblick für eine gravierende Fehlleistung halte.

Nun könnte man einwenden, ein großer Schaden sei ja nicht entstanden. Doch ich habe es versäumt, mich als Apotheker als Helfer und Ratgeber zu positionieren. Ich hätte dazu mit ihr auf Augenhöhe kommunizieren müssen. Ihr Wunsch nach einem Abführmittel wäre ein guter Einstieg in ein Gespräch über Faktoren zu einer Lebensweise gewesen, die ihrem Darm und ihrem Herzen gleichermaßen guttun.

Auch hätte es die Möglichkeit gegeben, über die richtige Dosierung des Abführmittels zu sprechen. Die Verstopfung hat sie wahrscheinlich ebenso beeinträchtigt wie ihre Herzprobleme. Das habe ich mit meinem Vorstoß nicht ernst genug genommen. Gerade bei Herzschwäche ist eine intensive und gute Beratung enorm wichtig. Stattdessen habe ich die Patientin aus den Augen verloren.“