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„Die Antibiotika-Infusion, die ich bekommen sollte, war mit einem anderen Namen beschriftet, nur der Anfangsbuchstabe war gleich.“ Was Fallnummer 2024-019 hier berichtet, ist ein Behandlungsfehler. Er wurde auf dem Portal mehr-patientensicherheit.de gemeldet, das Anfang 2024 online ging.

Für das Personal in Krankenhäusern gibt es schon lange Systeme, in welchen kritische Vorfälle von allen Beschäftigten anonym gemeldet werden können. Seit 2014 ist es für Krankenhäuser in Deutschland verpflichtend. Für Patientinnen und Patienten gab es dies bisher nicht.

1100 Fehlermeldungen seit Start des Portals

Das hat sich nun mit dem Portal des Verbands der Ersatzkassen (vdek) geändert. Und es wird gebraucht, wie Dr. Martin Kluxen, Leiter des Kompetenzzentrums Medizin beim vdek in Berlin, berichtet: „Wir hatten mit 200 bis 300 Fällen im ersten Jahr gerechnet. Nach zwei Wochen hatten wir schon 800 – und jetzt ungefähr 1100.“ Und das ist eher die Spitze des Eisbergs. Laut Bericht des Medizinischen Dienstes Bund kam es 2022 zu gut 2600 Behandlungsfehlern mit daraus folgendem Schaden. Und es passieren immer wieder die gleichen.

Deshalb werten Fachleute alle Meldungen von mehr-patientensicherheit.de aus und erarbeiten daraus Empfehlungen für zukünftige Situationen. Zum Beispiel für bessere Abläufe in Praxen oder Kliniken, aber auch für den Patienten oder die Patientin selbst.

Ein wichtiges Prinzip ist hier das sogenannte Speak-up, ungefähr übersetzt mit „Sagen Sie was!“. Patientinnen und Patienten sollen sich selbstbewusst melden, wenn sie das Gefühl haben, bei ihren Behandlungen stimmt etwas nicht. Das fängt schon an, wenn etwa Therapien oder Medikamentengaben nicht erklärt wurden. Auf diese Art lassen sich nachweislich Fehler vermeiden. Martin Kluxen erklärt: „Da gibt es jede Menge Erkenntnisse, unter anderem von der WHO, dass Patientinnen und Patienten besonders geeignet sind, für mehr Sicherheit zu sorgen. Weil sie eben oft die Einzigen sind, die ihren gesamten Behandlungsverlauf kennen.“

Meldung über die Internetseite möglich

Wie aber kann man einen Behandlungsfehler melden, wenn er passiert ist? Hierfür müssen Betroffene nur auf die Internetseite mehr-patientensicherheit.de gehen. Dort können sie ein Formular ausfüllen, in dem sie den Fehler schildern. Das Ganze geschieht anonym, ihren Namen brauchen sie nicht anzugeben. Einige Eckdaten, wie Alter oder auch Ort, wo der Fehler passierte (zum Beispiel Krankenhaus, Fachpraxis), werden zwar erfasst, eine Identifizierung von Orten oder Personen ist aber ausgeschlossen. „Ein Team anonymisiert und de-identifiziert immer sämtliche Daten gesondert, wenn daraus Rückschlüsse möglich würden“, erklärt Kluxen. Alle können ein Ereignis melden, auch Personen, die nicht bei den Ersatzkassen versichert sind, betont Martin Kluxen. „Wir schließen niemanden aus.“


Quellen:

  • Medizinischer Dienst Bund: Behandlungsfehlerbegutachtung 2022: Immer wieder die gleichen Fehler . Online: https://md-bund.de/... (Abgerufen am 12.06.2024)
  • Müller H, Müller BS, Hinsch K et al.: TK-Monitor Patientensicherheit 2022 Erlebte Patientensicherheit, Eine bevölkerungsrepräsentative Befragung zum Stand der Sicherheit in der medizinischen Versorgung. Schwerpunkte: Vergleich mit 2002, Patientenentschädigungs und Härtefallfonds. In: Online 17.09.2022, 1: 1-28
  • Sächsische Landesärztekammer: Fehlerberichtssysteme für Krankenhäuser, Fehlermeldesysteme gesetzlich vorgeschrieben / Regelmäßige Beispiele im „Ärzteblatt Sachsen“. Online: https://www.slaek.de/... (Abgerufen am 12.06.2024)
  • vedk: Mehr Patienten­sicherheit, Das Portal für Patienten­berichte. Online: https://mehr-patientensicherheit.de/... (Abgerufen am 12.06.2024)